Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

64 reiteten und zu unmittelbar dringenden Ereignissen Stellung nahmen. Diese „Versammlungen" wurden nicht vom Landesfürsten ausge- schrieben und einberufen, sie gingen vielmehr aus der Mitte der Land- stände selbst hervor. Es fehlten daher die Kommissäre, auch- konnte der Prälatenstand übergangen werden. Die Beschlüsse waren nicht öffentlich-rechtlicher Natur, legten aber die nachfolgenden Landtage in einer bestimmten Richtung fest. Das Verordnetenkollegium hatte die Gepflogenheit, in wichtigen Fällen einige maßgebende Herren und Landleute aus der Umgebung von Linz zur Befragung zusammen- zurufen. Aus diesen gelegentlichen Zusammenkünften und aus den schon länger üblichen Vorbesprechungen des Adels erwuchsen diese „Versammlungen". Der harmlose Name darf über diese radikale Neuerung nicht hinwegtäuschen. Sie offenbarten nicht bloß die wachsende Überlegenheit des ständischen Parlamentarismus, sondern waren im Grunde Vor-, Neben- und Gegenlandtage. Diese Tagungen unter Ausschaltung des Königs machten die Doppelgleisigkeit der Regierung und der Verwaltung im Zeitalter der Ständevormacht jeder- mann ruchbar. Angesichts der dräng·enden· Entscheidung und der rasch wechselnden Ereignisse auf der großen Weltbühne darf man diese Ver- sammlungen als politischen Bereitschaftsdienst ansprechen. Im Stände- korpus mußten sie einen tiefen Riß hervorrufen und die so gefürchtete „Zertrennung der Landschaft" heraufbeschwören. Man hatte nicht nur den König, sondern auch, wenn es beliebte, die Prälaten draußen. Der einst so mächtige Prälatenstand war unter der Einwirkung der Glaubensspaltung so herabgesunken, daß er mit dieser Aschenbrödel- rolle vorliebnehmen mußte. Auf alle Fälle war der herkömmliche Landtagsmechanismus zerschlagen und eine Parteiversammlung schickte sich an, die Stellung der früheren gemeinsamen Vertretung des Landes vor dem Landesfürsten zu beziehen. Als im Lande ob der Enns die Achterklärungen des Kaisers gegen die Häupter der Schmalkaldner und gegen die Führer der böhmischen Opposition angeschlagen wurden und als die königlichen Kommissäre auf dem Dezemberlandtag 1546 über den Donaufeldzug Johann Fried- richs von Sachsen und Philipps von Hessen berichteten, wußte jeder Protestant, daß sich mit diesem Krieg auch das Schicksal des Pro- testantismus in Österreich entschied. Der Schmalkaldner Bund besaß im Lande ob der Enns so viele und so offene Anhänger, daß Landes- hauptmann Balthasar von Fresing und Vizedom Johannes Fernberger die Sperre über alle Waren- und Geldschulden verhängten, welche Steyrer Bürger bei bündischen Handelsleuten ausstehen hatten 171 ). An- gesichts der kritischen Lage rief die Regierung einen Ausschußlandtag zusammen. Zehn Ausschüsse des Landes ob der Enns, darunter zwei Prälaten, begaben sich nach Wien, reisten aber am 18. Jänner 1547 171 ) Bürger und Inwohner, welche der Schmalkaldischen Konspiration und den Bündischen dienten oder anhingen, waren zu verhaften, ihr Hab und Gut verfiel der Beschlagnahme. ,.Des Hauses von Osterreich Privilegien vermögen, daß jeder Inwohner oder Begüterter, der heimlich oder öffentlich wider einen Erz- herzog tut, dem Fürsten mit Leib und Gut verfallen ist." Prevenbuber, S. 267.

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