Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

40 nicht, wies er den Kandidaten zurück. Das war zweifellos auch im 16. Jahrhundert ein übergTiff und führte zu unglaublichen Zuständen, aber die allgemeine Zeitlage begünstigte die Auffassung, Macht geht vor Recht. Zeitlebens blieb ferner der Pfarrer an das grundherrliche P a t r i m o n i a 1g e r i c h t und den Hofrichter gebunden, denn das privil egium fori erstreckte sich zumindes t nicht auf zivilgerichtliche Belange. über die Reichweite dieses Privilegs im Land ob der Enns wird weiter unten noch Genaueres zu sagen sein. Das von den Vögten immer schrankenloser ausgeübte S p o 1i e n r e c h t zog den Erblaß des Klerikers weitgehend ein, dessen T e s t i e r f r e i h e i t ohnedies arg eingeschränkt war. Kein Tes tament eines Pfarrers war rechts- giltig, das nicht der Vogt genehmigt hatte. Di e ganze Tragweite des Spolienrechtes erhellt aus dem Konkordat zwischen Passau und Wien über die geistliche und landesfür stli che Jurisdiktion in Österreich vom Jahre 1592. Den entscheidenden Punkt, Sperre, Inventur und Ver- lassenschaftsabhandlung nach Klerikern, über den sich Urban von Trennbach und Erzherzog Ernst für Kaiser Rudolf II. (1592) nicht einigen gekonnt hatten und der vorläufig herausgenommen worden war, regelte eine nachträgliche Vereinbarung von 1600. An den tat- sächlichen Verhältnissen änderte sich indes so gut wie nichts, denn es r egierte weiter die Faust. Diese weitgehende Abhäng·igkeit des Pfarrers vom Vogt brachte es mit sich, daß sich über den Umfang der Vogteirechte zwischen der Passauer Kurie und dem landsässigen Adel im 16. Jahrhundert die erbitters ten Kämpfe entspannen. Die spätere Darstellung der Reformationsgeschi chte des Landes wird zeigen, daß zwar der Bischof die Ausdehnung der adeligen Vogtei rechte auf dem Weg über den Landesfürst en zu verhindern suchte, daß aber die bi- schöfli chen Vögte in ihrem Rechtsbereich denselben Standpunkt be- zogen wie der obderennsische Adel. Mit anderen Worten, die Haltung des Bischofes der Diözese Passau und des Inhabers es Hochstiftes Passau ist in der Vogteifrage nicht immer die gleiche. Nachstehend folgt die Sta tistik über die geistliche Lehen- schaft und Inkorporation der obderennsischen Pfarren nach der PM. und die Darstellung der Vogteiverhältnisse bei denj enigen Pfarren, die 1544 anläßlich der großen von Ferdinand I. angeordneten Visitation visitiert wurden. Liegen auch die beiden Übersichten zeitlich und räumlich nicht auf der gl eichen Linie, so klaffen sie auch nicht soweit auseinander , daß sie miteinander nichts mehr zu tun hätten. Der Hauptunterschied ist, daß 1544 bedeutend weniger Pfarren (106) visi- tiert wurden als die ältere PM. ausweist. Das Bild der Vogtei ist daher nicht vollständig, läßt aber immerhin die wesentlichen Züge hervortreten. a) ,,Ge i st 1i c h e L e h e 11 s c h a f t" u 11 d In k o r p o ratio n d e r o b d e r e 11 11 s i s c h e 11 P f a r r e n n a c h d e r P M. \ Auf Grund der genannten zwei Hechte ernennen die Seelsorger in den angeführten Pfarren fo lgende wirkliche oder juridische Personen.

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