Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

39 noch mehr. Unter den Pfarren des Landes dorrten die entlegeneren Stiftspfarren vielfach zuerst und am gründlichsten für den katholischen Glauben ab. Eine auffallende Ausnahme bildet nur die Kremsmünsterer Pfarre Viechtwang·. Die mit inneren Schwi erigkeiten überbeschäftigten Häuser müssen die Stiftspfarren ihrem Schicksal überlassen. Der bi- schöflichen Jurisdiktion jedoch setzten die Klosterpfarren unüber- steig·bare Schranken. So mußte die bischöfliche Gewalt im kleinen ebenso versagen wie die kirchliche Zentralgewalt den Erzbistümern und Bistümern gegenüber. Die ungleiche Rechtslage schafft daher ein buntgesprenkeltes Bild kirchlicher Zustände auch im Rahmen eines kleinen Landes, das kirchliche Gegenstück zu dem Verhältnis der staatlichen Zentralbehörde und des Landesfürsten zu dem Gemengsel rechtlich ganz verschieden abgestuftei: Grundherrschaften. Es kann nicht scharf genug betont werden, wie weit sich die unbewußt vor- drängende Auffa ssung von ungefährer Gleichheit der rechtli chen Ver- hältnisse trotz der maximilianischen Verwaltungsreform und erst g·ar in der vortridentinischen Kirche von der Wirklichkeit entfernt. \ Die zweite Abhängigkeit der Pfarren bildet das Patronat, im Land ob der Enns für die Zeit 1490-1600 nur „ge ist 1i c h e L e h e n- s c h a f t " genannt. Sie kommt in all en Spielarten als persönli ches und dingliches, geistliches, Laienpatronat und gemischtes Patronat vor. Die dem Patron zustehende Summe von Rechten und Pflichten ist wie überall auch im Land ob der Enns schwankend, eine Rechts- unsicherheit, die zu einer Zeit, wo Bi schof und Adel ihre Befugnisse über die Kirchen möglichst weit ausdehnen wollten, die Q,uelle er- bitterter Streitigkeiten wurdej Die Untersuchung der Patronatsverhält- nisse wird ergeben, daß der Einfluß des Adels und teilweise der Bürgerschaft auf die Besetzung der Pfarren weniger weittragend, da- g·egen auf dem Gebiete der Kuratbenefizi en ein übermächtiger und bei den nicht bepfründeten Kirchen ein fast ausschließlicher ist. Es besagt alles, daß der Gang· der Glaubensspaltung genau den umge- kehrten Weg einschlägt . rAm stärksten beeinflußte die Richtung der Entwicklung die V o g t e i, in die sich im Land ob der Enns der Landesfürst und der Adel, der Bischof von Passau und eine Anzahl von Klöstern teilten. Als Vögte hatten die Adelsherren auf eine große Anzahl von Kirchen über die geistliche Lehenschaft hinaus Einfluß. Das Vogteirecht be- trachteten sie als ihren ureigenen Rechtsboden. Man kann sich die Abhängig·keit des Klerikers von der Vogtherrschaft nicht stark genug vorstellen. Diese beginnt bereits bei der Übernahme der Pfarre. Die Erbvögte und bei der Verwirrung der Verhältnisse durch die fort- schreitende Glaubensspaltung alle Vögte erteilten den P o s s e ß der Kirche und Pfründe-}Der Patron schlug einen Bewerber vor, der Bi- schof gab die „Formaten", aber der Vogt den Posseß der Kirche und des Pfarrhofes. Diese zwei Objekte hatten in einigen Fällen verschie- dene Vögte. Die tatsächliche Übergabe der Pfarre lag beim Vogt. War ihm der Vorgeschlagene genehm, nahm der Vogt oder sein Pfleger nach Er 1a g d es Pos s e ß g e 1des die Einweisung vor, wenn

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