Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

31 die das letzte Beispiel der Errichtung einer Schloßpfarre vor dem Ein- dringen des Luthertums in das Land ob der Enns ist. [ Als B e g r ü n d e r dieser Schloßpfarren erscheinen die ersten Namen der Herrenstandesj Daß Wolfgang Jörger als einziger Ange- höriger des Ritterstandes es auch in dieser kirchlichen Angelegenheit dem Herrenstand gleichtun will, ergänzt das Charakterbi ld dieses reichen und mächtigen Mannes und Hauptmannes ob der Enns aufs trefflichste und beleuchtet den Kampf des Herrenstandes gegen ihn auch von kirchlicher Seite2° 0). ie B e d e u tu n g d i e s e r S c h l o ß- p f a r r e n für das Eindring·e und die Verfestigung des Luthertums kann nicht hoch genug veranschlagt werden. Während die zahlreichen Schloßkapellen ohne Pfarrechte bei dem raschen Zufall des Adels an die Ideen Luthers die natürlichen Stützpunkte für die Verkündigung der neuen Lehre bildeten, stellten die Schloßpfarren die ersten Ansätze für die Organisation eines neuen Pfarrnetzes der A. C. dar. Sie hatten schon aus der katholischen Zeit einen kleinen Kreis von „Zugehern" und brauchten bei der zunehmenden Entkräftigung des Katholizismus nur über diesen engen Kreis hinauszugreifen. Ja noch mehr. Man darf in diesen Sch loßpfarr en das Urvorbild der A d e 1 s p f a r r e n i n d e r b e k a n n t e n R e l i g i o n s k o n z e s- s i o n Maximilian II. von 1568 an die Herren und R. i t t e r erblicken. Dieses Adelsprivi leg, 1568 August 18 den unterennsischen Stände mündlich bewilligt und durch eine Erklärung des Kaisers 1568 Dezember 7 auf den obderennsischen Adel ausge- dehnt001), gestattet unter zwei Vorbehalten den Herren und Rittern die Anrichtung ihrer Lehren und Zeremonien nach dem Worte Gottes, den Schriften der Apostel und der A. C. in ihren Schlössern, Städten und Dörfern und in allen Kirchen ihres Patronatsrechtes 202 ). Die kleine Schloßpfarre der katholischen Zeit trägt keimhaft alle Merkmale dieser späteren stark erweiterten Adelspfarren der A. C. an sich. Die letzteren sind weder reine Personal- noch reine Territorialpfarren, sondern ge- mischte Gebilde. Wesentlich ist, daß die sonderbare und vieldeutige Abgrenzung der Religionskonzession im Grunde nichts Neues ist, sondern auf eine ältere Vorlage zurückgreift. b) Sonstige Personalpfarren. 1 Da die Hofsee 1 so r g e unter Friedrich III. bereits unter den Schloßpfarren auferscheint und „F e 1 d p r e d i g e r i m c h r i s t- 1 ich e n Heer" für obderennsische Truppen erst im Verlaufe des 16. Jahrhunderts eine stehende Einrichtung wurden, bleibt für Seel- sorge auf Grundlage der Personalpfarren nur mehr das N e t z d e r Spitäler übrig. In den Spitälern, Siechen- und Bruderhäusern waren die inneren und äußeren Vorbedingungen für Personalpfarren gegeben, ein fest umschriebener Kreis von seelsorgsbedürftigen Per- • 00 ) Vergl. diese Arbeit, vierter Abschnitt. 201) Annalen, Bel. XII, BI. 147. • 02 ) Raupach, Bd. I, S. 86 f., Hopfen Q., Der Kompromißkatholizismus, S. 144.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2