Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

14 Die Bestimmung eines Merk m a 1es, das die Verse 1b s t ä n- d i g u n g e i n e r F i 1i a 1e z u r P f a r r e zeitlich genau anzeigt, ist infolge der ganz verschiedenen Verhältnisse schwierig und manchmal unmöglich. Es läßt sich vielfach nur die vollzogene Tatsache der Ab- trennung feststellen. Der Beginn der Loslösung ist ohne Zweifel in der Stiftung einer „ewigen täglichen Messe" und eines „ewigen Ge- sellen" an Orten zu erblicken, die bisher nach altem Brauch excurrendo von der Mutterpfarre aus versehen wurden. In den Umkreis dieses Merkmales fallen nicht Stiftungen von Tagesmessen und die Aufnahme eines eigenen Geistlichen an Orten, wo bereits ein Pfarrer amtet oder in Schloßkapellen. Unter dieser Einschränkung muß die B e s t e 11 u n g eines eigenen Geistl i chen an Ort und Ste ll e als Erkennungszeichen für den Zeitpunkt angesehen w e r d e n, an d e m d i e F i 1i a 1e z u r P f a r r e a u f s t i e g, auch wenn der Amtstitel des bestellten Seelsorgers und eine Reihe von be- stimmten Verpflichtungen gegenüber der Mutterpfarre ein rechtliches Abhängigkeitsverhältnis festhalten. Die von den Verhältnissen er- rungene Preisgabe des Grundsatzes, ein größeres Seelsorgsgebiet von einem Mittelpunkt aus zu betreuen, bedeutete die Abstoßung und Ver- selbständigung der Filialen. Vorgearbeitet hat dieser Entwfoklung die Ausstattung weit entlegener Filialen mit den Pfarrechten (Taufrecht, Sepultur), den Ablauf beschleunigt die Ohnmacht der Pfarrvorstände der Mutterpfarren angesichts der drohenden Verprotestantisierung, des Drängens der Pfarrgemeinden und gewalttätiger Vögte, die Rechte der Mutterpfarren wahrzunehmen und zu sichern.[ An Veränderungen und Weiterbildung·en im obderennsischen Pfarrnetz nach der PM. im Ver- laufe des Zeitraumes von 1490-1525 und, dem Zwecke dieses Buches entsprechend 128 ) bis 1602, sind echte Pfarrneugründungen, formelle Pfarrerhebungen, Verselbständigungen von Filialen und Personal- pfarren zu unterscheidenJ a) E c h t e N e u g r ü n du n g e n v o n P f a r r e n. r Eigentliche Neuschöpfungen von Pfarren sind zwischen 1490-1602 im Land ob der Enns mit Ausnahme von Grünau nicht feststellbar. Grünau erscheint jedoch in der PM. 120 ). Die Pfarre entstand 1500 aus zwei Ausbrüchen von Pettenbach (rechts von der Alm) und Viecht- wang (links von der Alm) . Die Pfarrgründung dürfte mit dem Verkauf der Herrschaft Scharnstein durch Christoph Jörger an Kaiser Maxi- milian I. im ursächlichen Zusammenhang stehen 130 ). Das abgelegene Gebiet rechtfertigte nicht nur eine Neugründung, sondern ermöglichte dieselbe insoweit, als Pettenbach und Viechtwang wegen der schwie- 12 8 ) Vergleiche das Vorwort . 120) Nach B. und C. 1 30 ) über den Vorkauf von 1499 November 25 Baumgartinger E., Die Herr- schaft Scharnstein bis zum Jahre 1625, HG., Bd. V (1924), S . 86 f. Der Waldreich- tum der Herrschaft Scharnstein diente durch Reservation der fünf Scharnste iner Auen dem Bau von Salzschiffen in Gmunden und teilweise von Kriegsschiffen gegen die Türken.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2