Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

409 Wort zu bleiben und der Bitte, mit dem vergut zu nehmen, was - wie das Sprichwort lautet - das Haus gehaben mag, schließt die Vor- rede, die datiert ist Linz, 1524 am Sonntag Quasimodogeniti (3. April) Im Zusammenhalt mit der Anrede: ,,Leonardus Eleutherobius, teutscher schulmeister zu Lintz, wünscht vnnd begert allen geistlichen (wie mans nent) zu Lintz, München vnd Pfaffen, auch andern Schwestern vnd Brüdern, heyl, fryd, barmhertzigkeit, vnd die erkantnuß Jesu Christi in dem Herrn, Amen" sind Grundtöne der protestantischen Polemik (Unterdrückung des Wortes Gottes, Maria - Abgöttin, hl. Schrift - Aristoteles, Thomas von Aquin, ,,Geistliche" - Bauchdiener) ange- schlagen, die sich allerdings im 16. Jahrhundert noch aufs stärkste steig·ern sollten. Sind mit den Mönchen und Pfaffen die Minoriten und die Weltpriester an der Stadtpfarrkirche gemeint, so dürfte der Schrei- ber mit den „andern Schwestern und Brüdern" nicht die Insassinnen des kleinen Nonnenklosters 25 ), sondern die lutherfreundlichen Kreise der Bürgerschaft im Auge haben. An die Mitglieder der Linzer Täufer- gemeinde, in der allerdings die Anrede Schwester und Bruder wie bei allen Täufergerneinden üblich war, zu denken, wage ich deshalb nicht, weil die Kühnheit zu gToß wäre. Ganz ausgeschlossen wäre eine solche Herausforderung der Behörden bei dem rück sichtslosen AngTiffsgeist dieses Mannes allerding·s nicht. Gleich seinem Bruder floh auch Leon- hard Eleutherobius vor der kaiserlichen Visitation 1528 nach Deutsch- land, wo er sich noch 1550 als satirischer Schriftsteller betätigte 20 ). Der Ausfall auf eine Bemerkung eines Linzer Geistlichen, wo nähme er und sein Herr die Pfründe her, wenn sie anders predigten, scheint zu be- weisen, daß bis Ostern 1524 an der Linzer Stadtpfarrkirche noch der katholische Geist herrschte. Bald darauf muß jedoch der Vikar um- gefallen sein, denn 1526 verteidigten ihn die lutherischen Stände gegen eine Vorladung nach Passau. Sein Name ist nirgends genannt und in- folge der nicht verläßlichen Datierung der Linzer Oberpfarrer seine Person schwer zu bestimmen. Die Stände sprechen immer nur „von dem Vicari des würdigen Valentin Freising·er, Kirchherrn der Pfarre zu Linz" 27 ) . Sicher ist, daß Pfarrer Freisinger 1526 nach Passau vor- geladen wurde, um über seinen Vikar, der wegen unchristli cher, ver- führli cher Lehre und Predig ten, aber auch wegen anderen Ungehorsams beim Administrator verklagt worden war, Aufklärung zu geben. Als der Bi stumsverweser die persönliche Verantwortung des Vikars in Passau forderte, baten die Landstände um Abstellung der Zita tion oder um eine Gelegenheit für den Vikar, sich nach Zustellung· der Klage- artikel im Land zu verantworten. Der Administrator bestand auf der 2 •) Ziegler A., Linz, S. 55. 26 ) 1550 ersch ien in A ugsburg von ihm das deutsche Schuldrama: ,,Ein kurtz- weiligs und Lustigs Spil von der Weyßheit und Narrheit. " Nagl -Zeidler, Deutsch- ö sterreichische Literatur geschichte , Bd. I , S. 484. ") Nach dem Aufsa tz Beiträge zur Chronik der Stadtpfarre in Linz, LQSch., Bd. XV (1802) , S. 347, waren Oberpfarrer 1521- 1527 Nikolaus Ribi s in, 1527-1535 Valentin Freisi nger. Unter Ribisin erscheint a ls Vika r Siegmund Gupoldinger. Archiv der S ta dtpfarre Linz, Akten , Bd. III, Nr. 14. Nach den ob igen Vorgängen muß indes Frei singer schon 1526 Pfa rrer gewesen sein oder es läge bei den st än- dischen Eingaben eine Feh ldatierung um l Jahr vor.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2