Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

406 g·edenk zu sein, gesellten sich Vorwürfe wegen cles Entzuges seiner (= des Leonhard) Erbschaft und des Undankes für Wohltaten1:1) . Kaspar Schilling ging auf diese besorgten Mahnung·en seines Bruders nicht ein, sondern strebte 1524 eine Stelle in Enns an und wurde dort Sacella- nus. Wohl aber bewa rb er sich durch seinen Bruder Leonhard um Dispens vom Zöliba t und erhielt diese 1525 von Erasmus Schnapp, apostolischem und kaiserlichem Notar zu Passau, in einein sehr frag- würdigen Instrument 14 ) . Schnapp rechtfertigte dasselbe vor P . Leon- hard mit einer völlig subjektiven Erweiterung von 1. Tim. 32. Die Stelle lautet e nach seiner Meinung : ,,Oportet Episcopum aut Diaconum unius esse uxoris viros, nec licet eis plures ducere sicut aliis." Es handelte sich bei der Ausstellung dieser Urkunde um einen kirchen- rechtli ch durchaus ungültigen Vorgang, der höchstens das Gewissen des Einzelnen beschwichtigen konnte. J edenfalls setzte Kaspar Schil- ling seine Ehe fort und seine Frau g·ebar ihm sieben Knaben. 1550 wurde er als erster ausgesprochen lutherischer Stadtpfarrer von Gmun- den investiert und konnte dort vollenden, was er als junger Mann be- gonnen hatte. Kaspar Schilling ist die erst e Persönlichkeit aus dem obderennsischen Klerus, die alle Folgerung·en aus der neue Lehre zog. Auffallend und nur durch gute Beziehungen zu einflußreichen Gön- nern erklärlich ist der Umstand, daß er sich trotz der Ferdinandeischen Religionspolitik als Geistlicher im Land ob der Enns halten konnte, bis ibm die Pfarre seiner Vat erstadt im Zuge der allgemeinen Umwälzung als Pfründe zufiel. Für die Fortsetzung des Luthertums in Gmunden war der Nach- folger des Kaspar Schilling· , der Fronamter Sebas tian Khorn, von gro- ßer Bedeutung. Er ·war gleichfalls Lutheraner, wurde aber von der Ferdinandeischen Reforma tionskommission 1524 in seinem Amte be- stätigt uncl konnte sich nun mit voller Kraft der Aussaat der neuen Lehre widmen. Die Aufnahme des Kaspar Schilling in Enns, die nur durch Bürgermeister , Richter und Rat geschehen konnte, genüg t als Beweis, daß auch die Bürgerschaft von E nn s bereits um 1524 Luther zugeneigt war. J a, die Anstellung eines als lutherisch bekannten Geist- lichen durch eine Stadtg·emeinde bedeutet wieder einen Schritt vor- wärts in der g·eistigen Eroberung· des Landes und setzt in Enns eine größere lutherische Kirchenpartei voraus. ") Der lateini sche Br ief m it dem unrichti gen Da tum 1534 st a t t 1524 voll- ständig bei Raupach B., Bel . II, S . XXXIV f . Nach Schelhorn J . wä re Leonhard Schilling selbs t Va t er mehrer er Kinder g ewesen, S. XXXVI. 14 ) ,,Ego Erasimus Schna pp ius, Apos tolica e t Imperia li au ctorita te Not a rius, Sereni ss. Princ ipis Domini Domini P a t aviensis Pra esulis et c. in h ac p a rte Com- mi ssarius jura tus, has literas visuri s Sa lutem in Ch ris t o n uuqu am i u termorituram. Novel'int s inguli, Venerabil em v irum D. Casp arum Schilling sacr is i u i t iatum , ad pe t iti onis ius ta nti am g ermani sui Leonarcli Schilling, Lunaelacensis Profess ion is sacr a ti, cum bona conscieu t ia , ac deui q ue s iue omn i menti s macul a posse habere uxor em l egi t imo thoro soci atam. Qua r e omuibus v irtute commi ssi onis Grati osis - simi Domin i nostri E rnest i etc. sub excommuni cationis poena ma ndamu s, ut Do- minum Casp a rum tamquam Ch ristia n um h ouora bil it er t racteut, atqu e pro h aer e tico vel sch isma tico nequa quam censeant. Da tum i n Coeuobio n-lansee, Anno 1525. cum sigill o, nomineque nos t r is consue t is. E rasmus Schnapp." Raupach , Presby t erolo- gi a , S. l GO. Formel! fä llt das Datum au f, es fe hl en Monat und Tag·.

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