Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

401 ganz verändertes Bild. Mit 1520 tritt uns überall, auch im Land ob der Enns, eine n e u e K i r c h e n p a r t e i entgegen, welche mit den An- häng·ern der alten Kirche um die Kirchenreform stritt. Der Anfang der Spaltung war gemacht, wenn es auch zunächst nur um den Feldruf für oder gegen Luther ging. Am schärfst en prallten die Gegensätze in S t e y r aufeinander , wo in der Fast enzeit 1520 der von der Stadt- gemeinde berufene Fas tenprediger Brud e r P a tri c i u s in der Stadtpfarrkirche und die Dominikaner in ihrer Klosterkirche auf den Kanzeln so hart aneinander gerieten, daß der reiche, gutkatholische Stadtrat Wolfgang· Rumpl wehmütig von der „Zerrütlichkeit der Predig" sprach"). Als der Minister des Barfüßerordens in Österreich, Kaspar von Krems, den Bruder Patricius, der bereits drei Sonntage unter voll em Zulauf gepredigt hatte, abberief, übersandte Wolfgang Rumpl an das soeben in Pupping tagende Provinzialkapitel ein g·eradezu fl ehendes Schreiben, den Bruder Patricius in Steyr zu belassen. Die Erregung in der Stadt sei groß, der Orden und die Pfarrkirche kämen zu Schaden , Bürger und Ra t müßten großen Spott einheimsen. Das amtliche Gesuch bewegte sich in gleichen Vorstellungen und hob die besondere Ge- schicklichkeit des Predigers in der Verkündigung des Wor tes Gottes hervor. Diese zwei Vorstellungen siegten über die Ankläger und Bruder Patricius wurde in der Fastenzeit in Steyr belassen. Di e b e id e n Bri e f e st e ll e n di e zw e i e r s t e n sc hrift- li c h e n Do k um e nt e üb e r di e r e li g·iö se N e u e run g im L a nd o b c1 e r E nn s d a r. Sie zeigen, daß der Gedanke der Umg·e- staltung der kirchlichen Zustände bereits die größte Stadt des Landes ob der Enns ergriffen hatte und daß eine alte und neue Kirchenpartei gegeneinander wogte•). Die drei großen Reformationsschriften Luthers, An den christlichen Adel deutscher Nation, De captivitate Babylonica €Cclesiae und Von der Freiheit eines Christenmenschen, die sämtlich im J ahre 1520 entstanden waren, und die Verurteilung Luthers durch Papst und Kaiser entflammten die Leidenschaften in Deutschland aufs höchste. Die päpstliche Bulle von 1521 J anuar 3 schloß Luther und seine Anhänger aus der Kirche aus, das Wormser Edikt von 1521 Mai 8 verhängte über ihn die Reichsacht. Die Durchführung dieser ent- scheidenden Maßnahmen ließ freilich längere Zeit auf sich warten. Kardinal Lang von Salzburg hatte noch anfangs März 1521 keine Schritte gegen Luther unternommen, dem Administrator von Passau hatte Dr. Eck, wohl wegen des Verdachtes der Lutherfreundlichkeit, die päpstliche Bulle gar nicht zuges tellt. Auch die streng katholischen bayrischen Herzoge warnten vor der Wormser Entscheidung vor einem· scharfen Vorgehen gegen Luthers Schriften. Die Wiener Universi- tät hatte die Annahme der Bulle Exsurge Domine verweigert und am 10. Dezember 1520 an den Kaiser um Auskunft geschrieben") . Auch als ') Czerny A., Di e Anfänge der Refo rmation in der S t ad t Steyr 1520-1527, S . 5 ff . Die Ar be it h a t, w ie ich nachpr lHte, das gesamte Ma ter ia l des S tadt- • archi vs Steyr herangezogen. 4 ) Czerny, S. 6. ') Aschbach J . v ., Gesch ichte der Wien-er Univer sität , Bd. II, S. 121 f. ::!6

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