Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

400 Inhalt der gTavamina des weltlichen Sta ndes geg·en den geistlichen Stand auf dem Innsbruck er Ausschußlandtag 1518 zeigten als Gesamt- erscheinun o- eine neue Note. Sie wollten , wie bereits eing·ehend dar- o·estellt w:rde die Reform der Kirche durch den Kaiser im Bund mit b ' s· 1 den Bischöfen auf Grund pragmatischer Artikel vom Papst. 1e iatten nur die Reform der einen a lten Kirche im Auge, eine Neugründung oder eine Glaubensspaltung war nirgends auch nur angedeutet. Aber hinter der Entschlossenheit, dem festen Ton und der offenen Sprache dieser gravamina stand die Überz eugung der Landstände : d e r A u g e n b 1 i c k d e r K i r c h e n r e f o r m i s t g e k o m m e n, c~ i e E n t sc h e id u n g i s t d a ! Noch lag vor dem Abla uf der Entwick- lung ein dunkler Schleier und am allerwenigsten konnte die breite Öffentlichkeit klar sehen, wohin der Kurs ging . Noch wa r das Band Luthers mit seiner Kirche nicht entzwei geschnitten, Grund genug, daß man sich mit seinen Lehren in Klöstern und weltli chen Kreisen überall leidenschaftlich auseinander setzte. Dieser Atmosphäre gei- stiger Zusammenbrüche und Entdeckungen entstammt eine G r a b- i n s c h r i f t, di e sich einst in S t. F 1 o r i an befand. Dort hatte man Propst Leonhard Riesenschmi ed (1483-1508) in de r von ihm gestifte- t en 14 Nothelferkapelle neben seinem Vater besta ttet . Auf der an- deren Seite beg-rub man später seinen Kapla n Simon. Dessen Grabstein trug folgende Aufschrift: ,,Simonem o Paule bona, quae tribui sti, effi - ciant aulae coelestis pa rti cipem. Decessit anno Domini 1517. hie fuit Capellanus Domini Leonha rdi Pr.iepositi. " Czerny A. bemerkt dazu") : „Eine merkwürdige Grabinschrift, welche auf die Rechtfertigung durch den Glauben, die Luther so einseitig zu betonen anfing, anspielt und di e früh este Sympa thie mit di eser Lehre in unserem Laude urkundlich offenbart." Der Grabst ein ist mit vielen anderen leider v erschwunden. Die Anspielung auf di e von Pa ulus geschenkten Güter, welche den Ka plan Simon des himmlischen Hofes t eilhaftig machen sollten, be- zieht sich mit hoher Wa hrscheinlichkeit auf den Fiduzialglauben, den Luther besonders im Römerbrief des Paulus gefund en zu haben g laubte. Da der Kapla n 1517 starb, entstammt der Grabstein früh e- stens dem J ahr 1518. Ich halte dafür , daß man eine solche Inschrift nicht nach der Lostrennung Luthers von der alten Kirche auf den Gr..ibstein gesetzt hätte. Di e Bulle „Exsurge Domine" erschien 1520 Juni 15. Am 10. Dezember 1520 verbrannte sie Luther mit anderen Schriften vor dem Elst ertor zu Wittenberg. Es ist daher wahr- scheinlich, daß der angezogene Grabstein aus der Zeit vor 1520 stammt, etwa aus 1519. Die Ri chtigk eit di eser Annahme vorausg·esetzt , wiire di e Inschrift, welche die Mitbrüder dem Kaplan Simon setzen ließen, ein Beweis für lutheri sche Anschauungen in St. Florian und das erste Denkma l für den Anfa ng des Luthertums im Land ob der Enns schlechthin. In Entscheidungszeiten bedeutet e in J ahr mehr als fünf Jahre in einem ruhigen Abschnitt. J edes der Jahre beim Ausbruch der großen ki rchlichen Umwälzung zeigt daher dem vergangenen gegenüber ein ') Kunst und Kunstgewerbe im Stifte St. Florian, S. 56 r.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2