Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

397 Lande. Er habe sich jedoch au die erste Augelobuug gehalten, denn sie wollten ihn in ein Spiel führen, das er nicht mehr hätte abwischen können. Die juristisch gewandte, psychologisch auf der Idee der Kaiser- treue aufgebaute Verteidigungsschrift des Jörger, der sich als Opfer ränkevoller Ständepolitik hinstellte, konnte den Sieg der Herren nicht mehr aufhalten. Ich halte dafür, daß der gerade im Anfang starke Gegensatz zwischen Ka rl und Ferdinand den Ausschlag gab. Der Jörger hatte sich den günstigen Revers von Karl V. in Worms geholt, während di e Herren es verstanden hatten, sich rechtzeitig Ferdin:md, den Herrn der österreichischen Erblande, zu sichern. 1521 Oktober 15 ent- hob Ferdinand I. den Wolfgang· Jörger von seiner Stelle 34 ) und ernannte am 16. Oktober Cyriak von Pollheim zum Landeshauptmann 35 ) . Der er- bitterte Kampf war zu Ende, Wolfgang Jörger als Opfer des Bruder- gegensatzes gefallen. Für die Entwicklung der kirchlichen Vorg·änge muß noch einmal der Satz herausg·ehoben werden, daß im Land ob der Enns der Hauptmann für die ganz e Regierung geachtet werde. Nun stand aber Cyriak von Pollheim von Anfang an auf Luthers Seite und betätigte sich in radikaler Form gegen die katholische Kirche. Was das gerade für die ersten zehn J ahre der Einwurzelung des Luther- tums im Lande ob der Enns bedeutete, ist klar. Daß trotz des grim- migen persönlichen Gegensatzes auch der Jörger sofort auf Wittenberg schwor, zeigt, mit welcher Kraft die gToße kirchliche Umwälzung im Anfang· einsetzte. 4. Die Haltung der Stände beim ersten obderennsischen Bauernaufstand 1525. Die erste große Kraftprobe für die Landstände seit der Ver- selbständigung von 1503 war der erste obderennsische Bauernaufstand von 1525. Der Aufstand, ein Ausläufer der großen sozial-revolutionären Bewegung in Deutschland , ver lief im Land ob der Enns glimpflicher als in den Nachbarländern Salzburg· und Steiermark oder gar im Reich. Trotz des gefährlichen Aussehens wurde kein Kloster oder Schloß ge- plündert und es kam zu keinem Gefecht. Innerhalb der Bauernschaft war eine starke Richtung· für Verhandlung·en und fri edliche Schlichtung. Zwar zerschlugen sich die Innsbrucker Verhandlungen zwischen Bauern und Landständen und die Entscheidung fi el durch das von Alexander Schifer befehligte Aufgebot des Landes, dem sich die 27 aufständischen Pfarren rasch unterwarfen, aber es kam nicht zum Blutvergießen. Der Bauernerhebung kommt kirchenpolitisch deswegen große Be- deutung zu, weil sie der Anlaß zur Einführung des „reinen Evangeli - ums" in die ständischen Forderungen wurde und damit das Luthertum in aller Form auf die Bühne der politischen Öffentlichkeit führte. Die eingehende Darstellung dieses grundlegenden Vorganges erfolgt im 34 ) Ein Lichtbild dieses Dokumentes in der Festschrift Grieskirchen. 35 ) Original im Herrschaftsar chiv 'l'ollet, Bd. LIII. Die Übergabe der Haupt- mannscha ft und des Lin zer Schlosses wurde auf den 'l'homas tag (21. Dezember) fe s tgesetzt.

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