Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

395 Sperre der Landrechte bis zur Beilegung· des Konfliktes mit dem Herrenstand der Vizedom Jörg Sigharter die gütlichen Verhöre und Rechte zu halten habe. Zugleich wurde die Nachfolgerfrag·e aufge- worfen, die sich als verworren g·enug herausstellte, da nicht weniger als 9 Herrenstandsgeschlechter 28 ) und 3 Ritter 20 ) in Betracht kamen. Vergebens suchte der welterfahrene Mann das Sinken seiner Waag- schale aufzuhalten, indem er sich auf das Verhör vor Karl V. und dem Hofrat in Worms und den Abschied berief, der ihm die Landeshaupt- mannstelle weiter zusicherte. Der Herrenstand hätte diesen Befehl vom Landesfürsten nicht erwerben dürfen, da der Wormser Abschied vom Kaiser, dem damals regierenden Landesfürsten und dem Hofrat aus- ging, in dem 4 Fürsten saßen. Auf dem am 24. August eröffneten Welser Landtag empfing Ferdinand die an seine Hofräte und den Vize- dom gerichtete dritte (Beschluß-) Schrift des Herrenstandes 30 ), die acht Tage nach seiner Abreise am 21. September dem Jörger zugestellt wurde. Eine Dunstwolke von Gerüchten, geflissentlich vom Herren- stand unterhalten, zog· dem Sturz des mächtigen Landeshauptmannes voraus. Wütend erklärte der Angegriffene, seine Feinde wollten In- quisition, hätten Schändbriefe g·egen ihn ergehen lassen, sich im sitzen- den Rate, wo er eine fürstliche Person bedeute, erhoben, seine Hand- lungen nicht befolgt und ihn in den Weinhäusern ausgeschrien. Die Schlußschrift des Jörg·ers (vom 11. oder 12. November) unter- scheidet sich von seiner ersten Verteidigungsschrift durch den Sarkas- mus des Tones und die breitere Darstellung, gibt jedoch die _Bereiche- rung durch sein Amt freilich unter beschönigenden Floskeln zu. Sie erinnert eingang·s an das Mehrheitsprinzip (,,was der mehr Teil be- schließt, ist der Stände Beschluß") und nennt die Anklagen des Herren- standes jämmerlicher als des Jeremias Klagelieder. Im Wörtlein „wohl- geboren" liege der Herren „St erben und Verderben", die Ritterschaft schreibe es ihnen jedoch mit Grund nicht zu. Die Klage um aufrichtige Regierung ohne Zustimmung· aller vier Stände sei ein Schein, den „ein alter Hafen malt". 6 Jahre hätten sie unter Maximilian Zeit zur Klage gehabt, jetzt aber glaubten sie, ,,die Zeit hätte Rosen getrag·en". Der Vorwurf der Heckenreiterei sei bei 7 Fällen in 8 Jahren gegen mehr Fälle in 2 Jahren in Österreich unter der Enns übertrieben. Unver- blümt lastet der Jörg·er in Einzelausführungen einigen vom Herren- stand Mittäterschaft an 31 ). Er klärt nochmals die Geleitgeldfrage bei 2 8 ) Schaunberg, Hardeck, Starhemberg, Pollheim, Lichtenstein, Zelking, Losenstein, Traun, Volkensdorf. 29 ) Georg von Rohrbach, Eberhard :Marschall von Reichenau, Georg Zollner . Prevenhuber V., a. a. 0., S . 427 f. 39 ) Ferdinand I . war Mai 26 und 27 und Juni 22 und 24 in Linz, Juli 1 in Leoben, Juli 2 in Graz, August 24 und 31 und September 3 und 7 in Wels, im Oktober vornehmlich in Graz. Gevay A., Itinerar Kaiser Ferdinand I. (1521-1564). Auf der Reise nach Graz passierte er Steyr, wo gerade die Achtserklärung des \Vormser Reichstages gegen Luther angeschlagen wurde . Prevenhuber, S. 216. 31 ) Er habe etliche Übeltäter strenge gefragt und mit der „Ulm" richtau Jassen, zahlreiche Spione unterhalten, nach dem überfall bei Freistadt, den er am 3. Tag erfuhr, nach dem Rat der Räte gehandelt. Seit 60 Jahren hätte kein Hauptmann auf den 32 Straßen des Landes alle Fälle verhindern können, aber vor sei ner Verwaltung habe man Landleute in den Hökern angebunden und im Land

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2