Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

389 Enns in eine Sonderstellung. Die Instruktionen schärften den Landes- vertretern regelmäßig ein, eher die Sitzungen zu verlassen als zu einer „Verkleinerung·" des Landes die Hand zu bieten. Umgekehrt war der entschlossene Wille der Landstände, ihrem Land die Selbständigkeit nm jeden Preis zu erkämpfen, der Ring, der die Landschaft auch in den Zeiten höchster konfessioneller Erregung zusammenhielt. Man behauptet nicht zu viel, wenn man gerade in dieser isolierten Lage und dem dadurch bedingten Kampfwillen den Hauptantrieb für jene Selb- ständig·keit uncl Führerrolle erblickt, die dem kleinen Land ob der Enns in den Religionskämpfen gegen den katholischen Landesfürsten zufallen sollte. 2. Die ständische Zwischenregierung im Land ob der Enns 1519-1521 15 ). Der unerwartete Tocl Maximilians I. in der Burg in Wels hatte eine schwierig·e Übergangsperiode in den Erbländern eing·eleitet, die teil- weise revolutionäre Formen annahm. Besonders schlug die Entwicklung diese Richtung· in Wien ein, wo sich das „nö. Regiment" nach Neu- stadt verlegen und einem „ständischen Reg·iment" weichen mußte. Es stellt der politischen Reife der Landstände ein gutes Zeugnis aus, daß sie diese Zeit dank ihrer Klugheit und Zurückhaltung ohne Schädigung der Ehre und der Interessen des Landes überstanden. Nach dem Tod des Kaisers traten die Stände zusammen, bestätigten den Landeshaupt- mann Wolfgang Jörg·er von Tollet im Amte und wählten 12 Landräte, die mit der vorläufigen Führung der Geschäfte betraut wurden. Die Gewählten waren vom Prälatenstand Petrus, Propst von St. Florian, Leonhard, Abt zu Wilhering, und der Abt von Baumg·artenberg·; von den Herren Cyriak, Freiherr zu Pollheim und Wartenburg, Hans, Herr von Scherfenberg zu Spielberg· und Achaz, Herr von Losenstein; von der Ritterschaft Kaspar Schallenberger zu Luftenberg, Lazarus Aspan zu Wimsbach und Siegmund Jagenreuter zu Pernau; von den Städten Georg Kernstock, Stadtrichter zu Steyr, Michael Tyrolt, Ratsbürger zu Linz und Michael Achleitner, Ratsbürger zu Wels 16 ). Als Vertreter des Landes gingen Hans von Starhemberg und La- zarus Aspan mit den Gesandten der übrigen Länder nach Spanien zu den Erbherren Karl und Ferdinand, machten jedoch die von Dr. Martin Copinitz geführte Wiener Politik nicht mit. Starhemberg war über In- halt und Form der Rede des Dr. Mert bei der ersten Audienz in Mo- lin de Re 1519 November 6 entsetzt und riet zum Stillschweigen dar- über. Bei der dritten Audienz antwortete Starhemberg auf die Frage nach dem Verhältnis des Landes ob der Enns zum alten Regiment aus- der Enns die Verhandlungen zu zerschlagen . Schließlich fand Ferdinand den Aus- weg, daß der Hochmeister des deutschen Ritterordens zuerst, anschließend der Prälat von Sinzendorf, dann immer der Älteste von Osterreich unter und ob der Enns untereinander vermengt sitzen sollten. Bei der ersten Zusammenkunft wur de keine „Session" gehalten, son dern der JWarschall gab nach einem Zettel der Durchlau cht die Sitzordnung an. 16 ) Eder K., Die Stände des Landes ob der Enns 1519- 1525, S. 20- 34 . 16 ) Die Ordnung der Landesadmini stration und die Kompet enz der proviso- rischen Regierung be i Prevenhuber V., Annales Styrenses , S. 208 f.

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