Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

388 Selbständigkeit des Landes. Die Frage hängt aufs engste mit der ver- wickelten und höchst eigenartigen Entstehung des Landes zusammen, die hier nicht verfolgt zu werden braucht. Neueste Forschungen haben ergeben, daß Österreich im späteren Mittelalter aus drei Landteilen be- stand, aus Niederösterreich (das Gebiet östlich der Ybbs) und aus Oberösterreich (das Gebiet westlich von der Ybbs bis zum Hausruck), das durch die Enns in zwei Abschnitte zerfiel, in das Land ob und unter der Enns 11 ). Im 15. Jahrhundert verselbständigte sich das Land ob der Enns, dessen Kern der Traungau und zweites Stammgebiet der Nordwald war, immer mehr und trachtete unter Friedrich III. , sich ganz vom Land unter der Enns loszulösen. Die maximilianische Ver- fassung·sreform brachte dem Land 1498 clen eigenen Vicedom und 1503 traten die obderennsischen Stände zum erstenmal allein in Linz zu ei- nem Landtag zusammen. Aus dem „Hauptmann ob der Enns" wurde seit 1517 der „Landeshauptmann in Österreich ob der Enns"' 2 ) . Die Landstände glaubten, ihren heißes ten Herz enswunsch, das Land ob der Enns als vollständig selbständiges Gebilde mit dem Titel „Erzherzog·- tum Österreich ob der Enns" unter Maximilian I. erwirken zu können, hatten aber die Rechnung ohne die anderen Länder cler n. ö. Länder- gruppe gemacht. Es läßt sich nicht leugnen, daß die staatsrechtliche Lage dieses verselbständigten Gebildes g·anz ungeklärt war und daß es aus diesem Grunde bei den Ständetagungen cler nö. Länder zu schweren Auseinandersetzungen kommen mußte. Zwei Auffassungen standen einander schroff gegenüber und kreuzten besonders auf dem Inns- brucker Ausschußlandtag 1518 die Klingen. Die drei innerösterreichi- schen Länder anerkannten das Land ob der Enns für kein eigenes Land und billigten ihm keinen eigenen Vertreter im Rat zu. Sie standen vielmehr auf dem Standpunkt, daß „das Osterland unter und ob der Enns" für e in Land geachtet werde. Sollte aber dem wider ihre Auffassung· nicht so sein, so gehöre das Land ob der Enns hinter Krain. Die obderennsischen Vertret er beharrten demgegenüber auf ihrer Überzeugung, daß das Fürstentum ob der Enns ein Land und genau so wie das Osterland unter der Enns ein Erzherzogtum sei 13 ). Die von Maximilian I. erbetene Regelung dieser entscheidenden Frage auf dem Winterlandtag 1518 in Linz kam infolge der schweren Er- krankung des Kaisers nicht mehr zur Durchführung und so schleppte sich der „Präzedenzstreit" ein J ahrhundert weiter. Die daraus ent- springenden „Irrungen in Session und Räten" gefährdet en die Einigkeit der Aussehußtagungen immer wi eder 14 ) und drängten das Land ob der 11 ) Zibermayr I., Das oberösterreichische Landesarchiv in Linz 2 , S. 41. Der hochgeschätzte Verfasser stellt ein e igen es Buch: ,,Oste rrei ch u nd da s Land ob der Enns" über diese F r age in Auss icht .Ebend a, S . 47, Anm. 37. 12 ) Vergl. z. B. den Brief des Wolfgang Jörger von 1517 Erich tag nach Judica an Enns. Ennser A kten, Bel. IV. Iloheneck J. , Geueral ogie, Bd. I, h, schreibt unrichtig diese 'l'iteländ erung Cyriak von Pollheim (1522- 1533) zu. · 13 ) Anna l en Bd. I, BI. 200 ff. Eder K . , Die Stände des Landes ob der Enns , s. 12 ff. . 14 ) A uf dem Augsburger Generall andtag 1525/1526 drohte die von den übrigen Ländern a ls „Vermengung der Session" bezeichnete Lösnng durch das Land ob

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