Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

387 Unter den Städtenamen standen manchmal, aber nicht immer, die Namen der Vertreter. Eine zweite Unterscheidung bestand durch den Kammergutsanspruch des Landesfürsten auf die Städte. Auf Grund dieser Auffassung vertraten die Landesfürsten stets den Standpunkt, daß die Städte kein Recht hatten, gegen den Landesfürsten als solchen zu stimmen. Die städtische Religionspolitik Ferdinands I. , Maximi- lians II. und Rudolfs II. war durch diese Auffassung bestimmt. Die wirtschaftliche Lage selbst wies endlich den Städten eine Sonder- stellung zu und führte sie in einen natürlichen Gegensatz zu den übri- gen drei Ständen. Die Haltung der Prälaten und des Adels den Städten gegenüber war nicht immer gleich, sondern nach der politischen Ge- samtlage schwankend. Grundsätzlich zog man bei verantwortungs- vollen Schritten und Zahlungen die Städte voll heran, ließ ihnen aber bei Begünstigungen und Privilegien ihre mindere Stellung fühlen 10 ). Trotz aller inneren Spannungen in der Landschaft, liebten es die Landstände, nach außen als Einheit aufzutreten und hatten zum Aus- druck der Zusammengehörigkeit als Lieblingswort ,corpus' erkoren. Sie waren und wollten ein Körper sein. Ihre Zusammenkünfte hielten die Landstände vor dem Ankauf des Minoritenklosters für ihre Zwecke in einem Adelshaus. Versammlungsorte waren ab 1503 Linz und Wels, nach 1521 nur mehr Linz. Eine kleine Kanzlei mit einem Landes- sekretär, dem Einnehmer und zwei Schreibern diente zur Bewältigung der Geschäfte. Nach der Bildung des Verordnetenkollegiums amtier- ten immer einige Ausschüsse in Linz. Die Bedeutung der Körperschaft erhellt aus ihrer Zusammensetzung und aus ihren Recliten. Ihre Haupt- macht war die Einheit. Selbst über die tiefe Kluft der verschiedenen Bekenntnisse verstanden sich infolge der Kraft des landsmannschaft- lichen Gedankens die Stände untereinander immer noch am besten. Im Land ob der Enns sind die Stände die Hauptträger der Landes- geschichte. Ihre Tätigkeit ist der Schlüssel zum Verständnis der Ge- schicke des Landes, auch in seiner kirchlichen Entwicklung. B. Die landständische Körperschaft beim Ausbruch der Glaubensspaltung. 1. Die politische Hauptfrage der Landschaft: die staatsrechtliche An- erkennung der Selbständigkeit des Landes ob der Enns. Die politische Hauptforderung der Landstände um 1500, eine Frage, über die im Ständekorpus niemals Meinungsverschiedenheiten herrschten und die auch nach der Zerreißung der Glaubenseinheit ein- mütig vertreten wurde, war die staatsrechtliche Anerkennung der ••) So bestand der große Ausschuß der Stände bei der ständischen Zwischen- regierung 1519-1521, 64 Mitglieder, zu gleichen Teilen auch aus Städtevertretern. Im ersten Verordneteu-Kolleginm von 1526 ist Linz (Jakob Ottmayr) vertreten, in dor Giltenbereitungkommission von 1527 sind von 16 Ausschüssen vier Städte: Linz, Steyr, Wels, Freistadt. Stauber F., Hi s torische Ephemeriden, S. 106. Anders verhielt es sich bei Erbhuldigungen und religiösen Privilegien. 25*

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