Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

385 Instanz im Lande", für den die protestantischen Stände unter dem Schlagwort Eingriff in die Landrechte sogar den Prälatenstand vor- spannen konnten, zeigt, welches Machtwerkzeug ihnen der Kaiser aus der Hand genommen hatte. 2. Die Zusammensetzung der „Landschaft". Mitgliedur de r Landstände, die 1503 zum erstenmal allein in Linz zusammentra,ten, waren die Prälaten der wiederholt genannten 15 land- ständischen Stifte, die Herren, die Ritterschaft und Vertreter der 7 lf Städte, Linz, Steyr, Enns, Freistadt, Wels, Gmunden und Vöckla- bruck. Der A d e 1 war in zwei Stände, die H e r r e n und R i t t e r, ge- gliedert, die trotz vieler g·emeinsamer Interessen einander in manchen Fragen arwöhnisch und feindselig gegenüberstanden'). 1525 bestanden folgende elf Herrenstandsgeschlechter : Hardeck, Lichtenstein, Losen- stein, Pollheim, Prag, Schaunberg·, Scherfenberg, Starhemberg, Zelking. Ritterstandsgeschlechter gab es 139 (150 Familien)") . Das führende Herrenstandsg·eschlecht waren die Pollheimer, während in der Ritter- schaft an Reichtum und Einfluß die Jörger alle anderen Geschlechter weit überragten. Der schwere Waffeng·ang· um die Landeshauptmann- stelle 1519 bis 1521") spielte sich bezeichnenderweise zwischen diesen beiden mächtigsten Familen ab. Wie dem Volke des Landes ob der Enns Sinn für Recht, Abscheu vor knechtischer Haltung und das freie Wort eigen waren, so zeichneten ges teigertes Selbstgefühl und Eigenherrlich- keit auch den Adel aus. Siegmnud Prüschenk, ein Liebling Maximilians I., dem Friedrich III. die Hauptmannstelle versprochen hatte, mußter über dem geschlossenen Widerstand des landsässigen Adels auf die Herr- schaft im Linzer Schloß verzichten. Ja, Maximilian I. außerte vertrau- :lich sogar Befürchtungen wegen der Erbhuldigung im Land ob der Enns;) . Die jämmerlichen Geldverhältnisse beider Kaiser waren aller- dings nicht dazu angetan, ihr Ansehen bei diesem Adel zu erhöhen. Sprach aus dem Turnier des Sebastian von Losenstein mit einem spa- nischen Ritter anläßlich der Hochzeitsfeierlichkeiten zwischen Fer- diuand I. und Anna in Linz 1521 Mai 26 Sinn für ritterliche Ehre und nationaler Geist 8 ), so enthüllt der Prozeß gegen den adeligen Schnapp- hahn Bernhard Zeller und seine adeligen Spießg·esellen, die an der böhmischen und bayrischen Grenze sowie „an der Sperken" bei Klam zahlreiche Kaufzüge ausgeplündert und die Beute zu Schwertberg, Weitenegg und Marsbach geteilt hatten, ein düsteres Sittenbild eines 4 ) Die Rivalitäten erstreckten sich auf die Adelsprädikate und Ansprachen, anf die Besetzung der wichtigsten Landesämter, besonuers die Hauptmannsstelle, uio Beisitzer der nü. Regi erung und auf das Einnehmeramt. ') Das genaue Verzeichnis bei Czerny A., Der erste Bauernaufstand, S. 188 ff . 6 ) Vergl. diese Arbe it , S. 3VO ff. 7 ) ,.So es dann im Land ob der Enns ging, so würde es au allen Enden so viel geringer", schrieb er an Siegmund Prüschenk. Kraus V., Maximilians I . vertrau li cher Briefwechsel mit Siegmund Priischenk, Freiher·11 zu Stettenberg, S. 92. 8 ) Genan beschrieben bei Proschko F., Streifzüge im Ueb iete der österreichi- schen Geschichte und Sage , LMB., XV (1855). 25

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