Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

384 Hauptmanns des Landes, der fortan eine erhöhte Bedeutung zukam 3 ). Der Verkehr mit diesen Behörden, die einschneidende Veränderung der Gesetzgebung im 16. Jahrhundert mit ihrer großen Zahl von Man- daten und Verordnungen, der Umbruch des ungesatzten Gewohnheits- rechtes in das gesatzte Recht landesfürstlicher Herkunft und der Ein- bezug neuer Aufgaben in den staatlichen Pflichtenkreis schufen zahl- reiche Reibungsflächen zwischen Landesfürst und Landschaft. Die Klärung kam den Landtagen zu und darf neben den finanziellen Auf- gaben dieser Tagungen - ,,Landtage sind Geldtage" - nicht über- sehen werden. Die Überwachung der Stellenbesetzungspolitik der Re- gierung bildete in Zukunft ein neues Arbeitsgebiet der Stände. Am deutlichsten kam der festgeschlossene, gegenüber der Regie- rung unabhängige Charakter der ständischen Körperschaft in der G e- r i c h t s v e r f a s s u n g und im I n !;! t an z e n z u g des Landes zum Ausdruck, als deren Hüter die Landstände sich in besonderer Weise fühlten. Die erste Instanz waren für den größten Teil der Bevölkerung die Gerichte der Grundherrschaften, der Städte und der Märkte, für den Rest der Landeshauptmann. Dieser konnte „lautere" und dringende Fälle allein beurteilen, ,,unlautere", nicht dringende und wichtige Fälle wur- den mit dem „Landsrecht" erledigt. Dieses bestand aus 7-8 Mit- gliedern der adeligen Stände und tagte unter Vorsitz des Landeshaupt- mannes oder des Landesanwaltes alle Quatember zu Linz. Ein Lands- richter und ein rechtskundiger Landschreiber besorgten die recht- lichen und verwaltungstechnischen Aufgaben. Die oberste Instanz für jedermann war die nö. Regierung in Wien, der gewisse Rechts- angelegenheiten, wie die Wahrung der lf. Interessen, Landesverrat, Landfriedensbruch u. a. vorbehalten waren. Für die Landstände war der Hauptmann die erste, die nö. Regierung die zweite Instanz. Da nun bis 1592 die Landeshauptleute stets Parteigänger der zwei adeligen Stände waren und der Adel seine Vertrauensleute auch im nö. Regi- ment sitzen hatte, war der Rechtsweg den Landständen ausgeliefert. Der rasch lutherisch gewordene Adel hatte die ersten Wirren der Glaubensspaltung zu weitgehenden Rechts- und Gebietsanmaßungen benützt und suchte nach der Religions-Konzession von 1568 durch möglichst weitmaschige Auslegung· der Bestimmungen und unter stärk- ster Ausnützung der tatsächlichen Machtlage seine Stellungen vorzu- treiben. Alle Klagen des Bischofs, des Prälatenstandes oder einzelner Geistlicher weg·en widerrechtlicher Aneignung von Kirchengut, Aus- nützung von Patronats- oder Vogteirechten, Überschreitungen der Re- ligions-Konzession und ähnlicher Belange waren solange vergeblich, als die erste Instanz, der Landeshauptmann, stets zu Gunsten seiner Glaubensgenossen erkannte oder vertraute Freunde in der nö. Re- gierung für eine günstige Erledigung sorgten. Die ganze Tragweite dieses Instanzenweges für die Ausbreitung der A. C. wurde klar, als Rudolf II. alle geistlichen und Religionssachen unmittelbar an den Hof zog. Der leidenschaftliche Kampf gegen den „Entzug der ersten 3 ) Die Kanzlei der Landeshauptmannschaft befond sich auf dem Sch loß in Linz. Das Personal be~tand aus 1 Taxator, 1 Expeditor nncl 2 Schrei!Jern.

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