Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

383 neuen Privilegien des Fürsten bedankt und mit Schadlosbriefen ab- geriegelt wurden. Mit einern Schlag waren die Verhältnisse geändert, wenn die landesfürstlichen und ständischen Interessen sich kreuzten, dann wurde aus dem Geplänkel am Verhandlungstisch der Streit zweier Heerlager. Man kann ermessen, welche Lage geschaffen wurde, als die Stände protestantisch geworden waren, während der Landesfürst katholisch blieb und bei den fortwährenden finanziellen Ansprüchen an die Länder zur Abwehr der Türkengefahr immer mehr auf die Bewilligungen der Stände angewiesen war. Da die religiöse Frage alle anderen immer mehr in den Hintergrund drängte und der Hauptg·esichtspunkt wurde, nach dem man alle anderen Fragen er- ledigte, lag das Schwergewicht der politischen Macht in den Händen der Landesstände. Dieser Einfluß war so tiefgreifend, daß er nicht nur das landesfürstliche Religionsbestimmungsrecht von 1555 über- wältigte, sondern sich in der Religions-Konzession von 1568 ein einzig- artiges Adelsprivileg als Grundlage weiterer Eroberungen sicherte. Die Religionspolitik der Landstände ist der S c h 1 ü s s e 1 z u m V e r s t ä n d n i s d e s G a n g e s d e r G 1 a u- b e n s s p a 1 tu n g und in ihren Auswirkungen bis in Dörfer und Ort- schaften verspürbar 1 ). Ein zweiter grundsätzlicher Gegensatz zwischen Landesfürst und Ständen, der sich gleichfalls später in der Religionspolitik auswirkte, war die Ma x i m i 1 i a n i s c h e V e r f a s s u n g s r e f o r m 2 ). Durch die Errichtung der zwei Regimente in Innsbruck und Wien waren Be- hörden geschaffen worden, die unter begrenzten Bedingungen den Fürsten vertraten, eine Reihe von Agenden und gewisse Instanzen zu- gewiesen erhalten hatten. Diese Rechte waren den Ländern genommen worden und zwischen sie und den Fürsten waren neue Behörden ge- treten. Der Kampf der Stände drehte sich in Zukunft um die Besetzung dieser Ämter mit Landsleuten und ganz besonders um die Stelle des 1 ) Diesen Sachverhalt hat schon Raupach B., Evangelisches Österreich, Ild. I., S. 24 f., erkannt, wenn er schre ibt: ,.In Sonderheit mußte die politi sche Vorfassung des Erzherzogtums ö s terreich auch dazu dienen, daß Gottes \Verk, ungeachtet so vieler Hinderungen , fortgehen konnte. Denn da die 3 Stände der- Herren, der Ritterschaft und der Städte damal s große Privilegien und Freiheiten hatten, der König Ferdinandus auch wegen des beständig anhaltenden Krieges mit den Türken ihres Rates und Beihilfe übera ll nicht entbehren konnte, so fand er nicht ratsam, der Religion halber die bisherige Harmonie zu brechen oder ihnen deswegen hart zuzusetzen . Aber so war auch den Eiferern für der- Römisch-Katholischen Lehre ·die Macht benommen, in dem Fall mit den Ständen so, wie s ie es sonst gern getan hätten, zu verfahren . Daher, obwohl an den Orten, woselbst die Prälaten und Bischöfe dominierten oder der König Ferdinan- dus absolut zu gebieten hatte, die Bekenner der Wahrheit wohl mehr denn zuviel mögen verfolgt worden sein, so wollte s ich doch dieser in den Territoriis der drei Stände aus angeregten Ursachen nicht allemal auf gleiche Art praktizieren lassen. Dies war nach der weisen Fügung Gottes die Gelegenheit, daß auch wider den Willen der Römisch-Gesinnten die evangelische Lehre in Österreich allmählich nusgebi-eitet wurde." •) Adler S., Organisation der Zentralverwaltung unter Kaiser Maximilian I., Fellner 'l'h., Zur Geschichte der österreichischen Central-Verwaltung. 1493- 1848, MJöG., Bd. VIII, 2, und Fellner-Kretscbmayr, Die österreichische Zentralver- waltung, 2 Bd. Dazu Huber-Dopsch, österreichische Reichsgeschichte und Luschin von Ebengreuth A., Grundriß der österreichischen Reichsgeschichte•.

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