Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

Vierter Abschnitt. Die politische Lage im Land ob der Enns 1490-1525. A. Die Landstände. 1. Entstehung und Bedeutung. Die Landstände verdankten im Land ob der Enns wie überall ihre Entstehung dem Entschlusse der maßgebenden Kreise, besonders des Adels, den Landesfürsten nicht allein über das Wohl und Wehe seiner Länder schalten und walten zu lassen, sondern in allen wich- tigen Fragen selbst mitzuraten und mitzubestimmen. Der Gedanke, nichts über uns ohne uns, stand an der Wiege der landständischen Verfassungsanfänge. Zwei verschiedene Wurzeln waren es, mit denen die Landstände so fest im politischen Leben der Länder verwurzelt waren, der Sinn für Recht, Brauch und Herkommen im Land und der Wille, diese eigenständigen Güter zu schützen, sodann die Kontrolle des Landesfürsten und seiner ausübenden Werkzeuge. Verschiedene Ereignisse steigerten die Macht der Stände, denen schon im Anfang des 15. Jahrhunderts der Prälatenstand und die Ver- treter der landesfürstlichen Städte zugewachsen waren, am Ausg·ang dieser Epoche bedeutend. Die wichtigsten Umstände waren der Wech- sel der Dynastien, Zerwürfnisse im Herrscherhaus und die gesteiger- ten Geldansprüche der Fürsten infolge der Teilnahme an auswärtigen Kriegen, infolge der Feindeseinfälle und innerer Adelsfehden. Grund- sätzlich gab kein Fürst freiwillig solche Rechte heraus, die ihm we- sentliche Beschränkungen in der Regierungsgewalt auferlegten und nicht selten eine demütigende Fessel wurden. Jeder Fürst mußte daher im Ständegedanken ein ihm gefährliches Prinzip erblicken, aber die Not zwang zu Unterhandlungen, zur Bitte, ja sogar zum Verkauf von Fürstenrechten. Ohne Zweifel lag in dieser Entwicklung eine ernste Gefahr, die des Auseinanderfallens der Staatsgewalt in zwei Hälften. Sie mußte besonders dann verhängnisvoll werden, wenn landesfürst- liche und ständische Interessen gegeneinander liefen. Doch gab es bei diesen Interessenverschiedenheiten zwei wsentlich anders gelagerte Fälle. Solange es sich um gemeinsame Angelegenheiten, etwa um die Verteidigung des Landes oder der Erbländer handelte, gab es auch bei schwierigen Aussprachen über Zuzug, Mannschaften und Kosten immer eine Löung. Hier ging es um die Verteilung der Lasten, die mit

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