Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

379 priester und Helfer", nicht Religiosen) ersetzen, denen die Pfarrer und Vikare genug Speise und Trank ohne Abzug geben sollen. Prälaten und Kanoniker, Pfarrer und Benefiziaten, welche die Residenzpflicht nicht halten, in der Lehre nicht geschickt, in Kleidern und Wesen un- züchtig, sollten zur Resignation gezwungen werden. Da die Weih- bischöfe ungelehrte Priester weihten, die nur Messe lesen konnten, mit einem weltlichen Provisionstitel bei den Stiften übel examiniert und promoviert waren, so soll künftig der Versorgungstitel für adelige und weltliche Untertanen verboten sein und die Priester sollen nur nach genügenden Prüfungen und übung in der Predigt und in den Kirchenrechten geweiht werden. Solche Prediger sollten ihnen wohl befohlen sein, ihre Lehre und Predigt sollte, da dem Wort Gottes und dem hl. Evangelium allzeit widersprochen wird, nirgends gehindert und sie nicht, wie es an etlichen Orten bereits geschehen, durch ihre „Widerwärtigen" abgeschafft werden. Mit dieser Schlußwendung treten die gravamina auf ein anderes Geleise über, man sieht bereits die Forderung des lutherischen Prädikanten. Neu gegenüber Innsbruck sind die Bezeichnung der Klöster als „Spitäler des Adels und der Bürgerschaft", die Verfügungen über den Heimfall erledigter geistlicher Lehen, die Urkundenduplikate für die Herrschaften und Vögte, die Abweisung der römischen Kurtisanen und die Betonung der Prediger- ausbildung. Gänzlich fehlt die so starke Hervorkehrung der Rechte des Adels auf die gehobenen Kirchenstellen. Zusätze zu bereits ab- gehandelten gravamina sind die Höchsttarife für Verstiftungen und die Forderung der Wiedereinlösung verstifteter Güter. Der Hauptton dieser gravamina liegt auf der Herauslösung des verstifteten Gutes aus der toten Hand und die Verhinderung einer weiteren kirchlichen Anreiche- rung. Als gewaltiger neuer Faktor tritt wohl unter dem Einfluß Wiens das Bürgertum auf den Plan. Nichts drückt diese Veränderung seit Inns- bruck stärker aus, als die eigenen Städtegravamina gegen die Kirche und den Klerus. Die g r a v am i n a d e r S t ä d t e d e r 5 n ö. Länder 400 ), ein Seitenstück zu den städtischen gravamina gegen den Klerus in Deutsch- land401), haben mit ihren 6 Artikeln ersichtlich in erster Linie Wien im Auge. Sie ziehen an die Verwandlung der Äcker um Wien in Wein- gärten hauptsächlich durch die Geistlichkeit, die Vernachlässigung der Wege und Straßen durch Zehent- und Bergherren, die weinbau- treibenden Wiener Bürger und den Hausbesitz des Klerus in den Städten. Sie behaupten, daß die Geistlichkeit in den Städten, bes. in Wien, auf mehr als zwei Drittel der Stadthäuser große Burgrechte und Hypothekarzinsen habe. Viel sei durch Geschäfte über Messen und 490 ) .,Gemainer stet der fünf nyderosterreichischen Lannde beschwarung wider dy geistlichke!t samentlich." Dorsalvermerk: .,Der Stett beschwärungen 21 Juny Ao 24. Zu den Amd'n sachen zu legen die Rechtschrlft so eingelegt wor- den ist Doctor Kaufmann zuegestellt." Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, RK., Religionsakten, Fasz. 2. 401 ) Störmann A., Die städtischen Gravamina gegen den Klerus am Ausgang des Mittelalters und in der Reformationszeit. Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, Heft 24-26, 1916.

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