Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

376 und Barschaft in Klöstern und Kirchen abverlangt 487 ) und auf die künftigen Steuern vorbereitet. 1522 forderte Ferdinand den hunderts ten Pfennig von jedermann, die Testamente ad causas pias, alle Absente, An- naten und Gelder nach Rom, die Inventur der Kleinodien von Silber, Gold und der Barschaft und tadelte den Abstrom der Gelder durch Taxen, Absentgelder und Ablässe. Der Anschlag der Reg·ierung· von 1523, der u. a. von allen Priestern und dem Dienstvolk von 1 fl. 1 Kreuzer, von Priestern ohne Pfarre und Benefizium sowie von allen Mönchen 10 Pfennige, von Handwerkern und Knechten 12 Pfennige verlangte, bestätigte den Bestand eines klerikalen Proletariats. Die Hilfe, welche die weltlichen Stände den Prälaten gegen die Ablieferung der Terz 1524 leisteten, darf nicht über die stark fortgeschrittene Zer- setzung der kirchlichen Verhältnisse hinwegtäuschen, als deren Aus- druck die gravamina von 1524 betrachtet werden können. Ihre V o r g e s chi c h t e ist kurz folgende. 1524 Mai 15 hatte Ferdinand I. der nö. Regierung ein Gutachten über die Ausrottung der Lehre Luthers und den Vergleich der Irrungen zwischen Geistlichen und Weltlichen für den Regensburger Tag vom 24. Juni abgefordert. Als die Regierung das Gutachten am 19. Mai ablehnte, ein allgemeines Konzil vorschlug und nur die Abberufung der Mönche von den Pfar- ren beantragte, befafll Ferdinand nochmals die Ausarbeitung eines Gut- achtens und dessen Übersendung durch einen gelehrten Mann nach Regensburg. 1524 Juli 18 schickte die Regierung den früheren Wiener Bürgermeister und jetzigen Rat im nö. Regiment, Dr. Johann Kaufmann, versehen mit den gravamina der fünf nö. Erblande, nach Regensburg 488 ) . Die gravamina, welche Dr. Kaufmann am 23. Juni zugestellt worden waren, konnten daher auf die Regensburger Be- schlüsse, den katholischen Fürstenbund vom 6. Juli und die „Regens- burgerische Ordnung" vom 7. Juli keinen Einfluß mehr ausüben, sind aber für die Haltung Ferdinands und die radikalisierte Volksstimmung beachtlich_. Die gravamina umfassen 3 Aktenstücke, die allgemeinen Beschwerden der Laien gegen die Geistlichen, die Beschwerden der Städte der 5 nö . Länder gegen den Klerus und einen Nachtrag vor- züglich des Landes unter der Enns zu den allgemeinen Beschwerden. Die a 11 gemeinen g r a v am in a 480 ) führen sich in Anlehnung an Luthers bekannte Schrift als Bedrückungen der Geistlichen gegen den gemeinen Christenmenschen in den Pfarrechten, Gewissen und Schätzung des zeitlichen Gutes ein. Ein Vergleich ergibt weitgehende Ähnlichkeiten mit den Innsbrucker gravamina 1518 bis auf die Ver- wahrung, einer Reformation und der geistlichen Obrigkeit nicht vor- greifen zu wollen. Nur stehen die gravamina gegen den Klerus per- sönlich an der Spitze und die Rechtsverletzungen folgen . Die e rste 487 ) Eder K ., a. a. 0., S. 41 ff . 488 ) über Dr. Kaufmann vergl. Wiedemann Th., a. a . 0., Bd. I, S. 33, Anm. J. 480 ) .,Gmain beswarung gegen den geistlichen 0ffi cialn. Pharrern. vnd Brie- stern." Dorsalvermerk: .,Die Rechtschrift ist doctor Kaufman an 23ten tag Juni Vberanntwort worden." Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, RK., Religions- akten, Fnsz. 2. Auszugsweise veröffentlicht bei Loesche G., Aus den Anfängen der Reformation in den Erbländern, JBGP., Bd. XXVII (1906), S. 59 ff.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2