Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

372 keit voraus. Noch waren die großen Gedanken wie „Christenheit", Brudertum in Christo", Würde des „Christenmenschen" so stark, daß ~ich die Armen mit aller Macht daran hielten, um nicht in das Nichts hinabzufallen. Umso schärfer wirkten sich alle Schäden in Klerus und Kirche an dem gemeinen Mann aus. Die gravamina zu Innsbruck 1518 zählen auf: Verweigerung des Sakramentes an „Einfältige" wegen Geld- schulden, Beschwerung durch die geistlichen Gerichte, Steigerung der Messen und Opfer, willkürliche Erhöhung der Taxen bei Begräbnissen. Das Verhältnis des g·emeinen Mannes zum Klerus seiner Zeit war durchschnittlich gespannt und wurde durch die sozial-karitativen Ein- richtungen und durch das Wirken einzelner Priester nur teilweise ge- mildert. Der so oft ausgesprochene Satz, ,,der gemeine Mann ist schwü- . rig", beleuchtet nicht nur das Verhältnis der dienenden Leute zu ihren Herren, sondern auch zu den Geistlichen. Allzuweit klafften die er- habenen Ideale des Christentums und die Wirklichkeit auseinander. B. Die gravamina der weltlichen Stände gegen den Klerus. 1. Grundsätzliches. Das Verständnis und die richtige Lesart der gravamina im all- gemeinen setzt die Kenntnis der Verhandlungsgepflogenheiten zwischen dem Landesfürsten und den Landständen voraus. Auf die Fürsten- ansprüche antworteten die Stände mit Gegenforderung·en und ein Be- standteil dieser Gegenrechnung sind die gravamina. Wie der Name andeutet, handelte es sich um Abstellung gewisser Übelstände im ge- samten öffentlichen Leben. Ein Ausschnitt aus den gravamina, die sich in die allgemeinen Beschwerden aller und die Sonderwünsche der einzelnen Stände gliederten, waren die gravamina der weltlichen Stände gegen den Klerus, denen der Prälatenstand mit den gravamina der Geistlichen gegen die Weltlichen antwortete. Es handelte sich also um Rede und Gegenrede, um Anklage und Geg·enanklage (weniger Ver- teidig·ung), so daß die vorg·ebrachten Geg·enstände nur im Zusammen- hang gewertet werden können. Die näheren Umstände berechtigten zur Annahme von Zuspitzung und Verallgemeinerung, um die Durch- schlagskraft zu erhöhen. Kritisch sind folgende Einzelheiten zu beachten. Welcher Art ist · die Tagung, Landtag, Ausschuß- oder Generallandtag? Das größte Gewicht kommt für die Landesgeschichte den Äußerungen auf den eige- nen Landtagen zu, wenn auch die gravamina auf den übrigen Tagun- gen gemeinsam eingebracht wurden. Es war erster Grundsatz, bei sol- chen Anlässen „unzertrennt" aufzutreten. Gerade die Einschränkungen der gravamina'" 3 ) berechtigen zur Annahme, daß es sich bei den vor- gebrachten Fällen nicht um Einzelerscheinungen, sondern um allge- meinere Vorkommnisse handelte. Da es sich um gravamina der Land- stände handelt, sind dieselben nicht einfach mit denen des ganzen 4 88 ) Bei maachen Klöstern, etliche Priester, es komrut einigemale vor usw.

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