Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

371 aus der harten wirtschaftlichen und sozialen Lage dieser Vielen. Die Härte und Eintönigkeit ihres Lebens wurde durch die Krise der Jahre 1500-1520 noch wesentlich verschärft. Sinkender Geldwert, Auf- schlag der Lebensmittel und Steigerung der Löhne bei Dienstboten und Taglöhnern waren laut Äußerung der Landstände in Innsbruck allgemeine Erscheinungen, Hoffierer, Riffiganden, Bettelvolk und ar- beitsscheue Knechte eine Gefahr für die Erschöpfung der Länder ge- worden. Die Stellung des Klerus zum „gemeinen Mann" wurde teilweise durch die Folgen des Untertanenverhältnisses, teilweise durch wirkliche Härten auf kirchlichem Gebiet getrübt. Die Kinder der Untertanen waren genau so in die Höfe eines Gotteshauses wie eines Schlosses zum . Dienst zu stellen 480 ) und die Amtleute der geistlichen Grundherr- schaften handelten oft genau so hart wie die Pfleger und Urbaramt- männer einer weltlichen Grundherrschaft. Wenn es in den stiftischen Dienstbüchern nicht selten bei einzelnen Leistungen heißt „ze gnaden", so darf man gewiß eine billige Forderung vermuten, aber im allge- meinen war der gemeine Mann bei allen Grundherrschaften gleich- gestellt. Es ist bemerkenswert, daß der Prälatenstand die feindselige Stimmung des Dienstvolkes gegen die Herren genau kannte. Er schlug 1521 vor, das Dienstvolk aus dem Anschlag herauszunehmen, denn dieses „würde damit aufgetrieben und wenn es je sein sollte, würde es nur über die Herren gehen"' 81 ). Daß auch der gemeine Mann religiös war, ist an vielen Beispielen zu erkennen. Es ist begreiflicherweise der Brudergedanke in Christo, der bei ihm eine beherrschende Stellung einnahm. In der Täuferbewe- gung nahm dieser urchristliche Satz eine teilweise verzerrte Form an. Der gemeine Mann war es ferner, der an den unwürdigen Vertretern der geistlichen und weltlichen Obrigkeit gerade aus diesem christlichen Denken heraus den schwersten Anstoß nahm. Es klingt wie Hohn, daß auf allen Landtagen und Sitzungen bei der Abstellung von Übelständen immer wieder auf das „Nachdenken" und Ärgernis des gemeinen Man- nes hingewiesen wurde. Die schneidende Anklage, daß die Geistlichen einen Hausarmen, dem sie mit einem Kleinen helfen könnten, neben sich Hungers sterben ließen und die Bitte um Zuwendung des Über- flusses an den Armen und Dürftigen kam aus der Tiefe der VolkE- seele482). Es gab auch lichte Züge. Auch der gemeine Mann beteiligte sich mit seinen geringen Mitteln an Stiftungen, bes. der Bruderschaften, aber auch allein, wie der Einspruch der Grundherren und Magistrate beweist. In Priestertestamenten stehen neben der Anweisung für den Lidlohn eines ganzen Jahres auch Legat e für die Dienstboten. Der ge - meine Mann erblickte in den sittlichen Lehren des Christentums und besonders im Leben und Sterben des Heilandes den Schutz seiner Menschenwürde. Die Berufung auf göttliches und menschliches Recht, auf die Ehre als Mensch und Christ setzte eine tiefe Gläubig- 480 ) Die Entscheidung für Schlägl 1525 bei Pröll L., Schlägl, S. 117, Anm. 1. 4 81 ) Annalen, Bd. I., BI. 250. 482 ) Czerny A., Der erste Bauernaufstand, S. 111. 24-*

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