Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

370 Pfarrverwaltun"' häufig gespannt. Nur sind in der Bauernschaft vor und nach der Erheb~ng deutlich eine gemäßigte und eine radikale Richtung zu erkennen. Daß die Bauernschaft von der Veränderung in der Kirche eine Erleichterung ihrer Lage erwartete, steht außer Frage. Im Land ob der Enns spielten daher die Bauern in der Entwicklung der Refor- mation und in der Entscheidung über die A. C. eine sehr wichtige Rolle. 4. Der Klerus und der „gemeine Mann". Die breite unterste Schicht des Volkes, die sich aus mehreren Gruppen zusammensetzte, tritt in der Sprache der Zeit unter verschie- denen Namen auf. Die häufigi"ten waren: die „Armen", die „Dürftigen", die „Einfältigen", die „arme Rott", der „gemeine Pofel", das „gemeine Volk", der „gemeine Mann". Der letzte Name ist der gebräuchlichste bei allen offiziellen Verhandlungen. In dieser Schicht lassen sich hauptsächlich vier Bestandteile unterscheiden. Erstens die kleinen „Unterta n en" der Grundherrschaften, die Viertel- und Achtelhuber, die durch verschiedene Umstände um 1500 eine einheit- liche Masse geminderten Besitzrechts und gesteigerter Lasten ge- worden waren 477 ). Zweitens die Dienstboten in der Landwirt- schaft, die „armen Dienstboten", das „gemeine Gesind", das „Dienst- gesind", das „ledige Gesindl", das „Dienstvolk". Aus ihren Kreisen gingen in den sozial-revolutionären Bewegungen des 16. Jahrhunderts die radikalsten Rädelsführer hervor. Drittens die „armen Hand- w er k er" und Gesellen. Das Handwerk hatte den goldenen Boden bereits stark verloren, die Zahl der Meisterstühle in den Zünften war „geschlossen", die Organisation eigener Gesellenverbände neben denen der Meister 478 ) zeigt den Zerfall der Einheit und der gemeinsamen In- teressen, auf dem Gäu mußten die Handwerker ihre Arbeit verzinsen, sonst wurde sie ihnen nicht zugelassen. Aus ihrer Mitte waren be- sonders die Schmiede, Schleifer und Messerergesellen um Steyr später als revolutionäres Element gefürchtet. Die letzte Gruppe war die A r b e i t e r s c h a f t beim Salz- und Eisenwesen und in den Forsten. Sie spielten bei allen Erhebungen eine entscheidende Rolle und ver- fügten über eine ausgezeichnete Organisation. Die „Leute im Wald" (Köhler, Brenner, Holzknechte), die „harten Cammergutsarbeiter'' (Bergleute und Sudarbeiter), die „harten Kammergutsbeförderer" (die Arbeiter der Salzfertiger, Küffer, Beschlager, Schöffwerker, Schöff- leute) unterstützten die aufständischen Bauern wiederholt. Ja im Salzbergarbeiteraufstand 1601/1602 drohten die Führer, ,,das Wesen in eine Spörr zu bringen" und man befürchtete Beschädigungen der Be- triebseinrichtungen (Feuerlegung an die Holzzäune, Zerhackung der Klausen, Ersäufung des Salzberges) 479 ) . ,,Rottierungen" bei Zahlungs- aufschüben waren allgemein. Die B e d e u tun g d e s „g e m e i n e n Ma n n e s" erhellt aus der g-roßen Zahl der in dieser Masse der Bevölkerung Begriffenen und 477 ) Dopsch A., Die deutsche Ku l turwelt des Mittelalters, S. 84. 478 ) Vergl. den Abschnitt Zechen und Bruderschaften. "') Scheich ! F., Der Aufstand im Salzkammergut 1601/1602, S. 20.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2