Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

360 schichten der Bevölkerung und umgekehrt gewisse feste Formen er- geben oder nicht, und welcher Art diese sind. Die Antwort führt von selbst auf die gravamina der weltlichen Landstände auf deren Zusam- menkünften und Tagungen und leitet zu einer Darstellung der politi- schen Verhältnisse des Landes ob der Enns über. 1. Klerus und Adel. Zahlreiche Fäden verbanden Klerus und Adel. Von früher her waren es die Idee des festen privilegierten Standes, gemeinsame In- teressen der Grundherrschaft, die Tätigkeit der Mönche in den Kloster- schulen und als Erzieher der Söhne des Adels, später in der feudalen Kirche des Mittelalters das Privileg des Adels auf die führenden Stel- len in der Kirche. Um die Wende zur Neuzeit waren die Verhältnisse so weit gediehen, daß die Sitze des Hochklerus und die Domkapitel zur Gänze, die Prälaturen teilweise Adelsreservate und die Klöster, vor- züglich die Frauenklöster, ,,Spitäler des Adels" waren. Außer der Stel- lung des Christenmenschen zur Kirche verband den Adel mit ihr vorzüglich das Band persönlicher Standesinteressen. Viele wertvolle Kräfte strömten durch diese Nachbarschaft dem Klerus zu. Männer und Frauen brachten das Erbe feiner Familienkultur und sorgfältiger Aua- bildung an ausländischen Universitäten und Fürstensitzen mit in die Domherrenhöfe und Abteien. Doch überwogen die Schäden dieses Gewohnheitsrechtes. Infel und Stab wurden die Mitgift der Jüngsten in den adeligen Familien und die Klöster sanken zu Versorgungs- häusern herab. In den Kanonikern und Domicellaren der Bischofstädte lebte ein weltlich-geistliches Element, das der späteren Verwischung der Unterschiede zwischen Klerus und Laien vorarbeitete. Die Lebens- führung dieser geistlichen Junker wuchs sich zu einem stehenden Ärger- nis aus. Der 29jährige Domdechant von Passau, Rupert von Mosham, der seine Hunde in den Chor mitnahm, auf den Spott der Dom- herren eine lateinische Schutzrede auf die Hunde verfaßte und ein grie- chisches Schriftehen über Hundepflege übersetzte, war einer von vielen"") . In bestimmtester Weise forderte der Adel zu Innsbruck 1518, daß die heimgefallenen Lehen der geistlichen Fürsten und Prälaten, ,,wie sich dem Krummstab nach Lehens- und Landesrecht gebührt", wie- der adeligen Geschlechtern verliehen würden. Stifte, Prälaturen und gute Pfarren sollten mehr Edelleuten gegeben werden, denn die Stifte kämen von den Fürsten und vom Adel und seien als Spitäler des Adels gestiftet worden. Dies sei auch notwendig, damit der Adel seine Kinder studieren und doktorieren lassen könne. Dadurch kämen treff- liche Gelehrte in die Gotteshäuser und der Landesfürst könnte diese Landeskinder billig als Räte und Gesandte verwenden. Eine dritte Forderung, Aberkennung der Erbansprüche adeliger Professen in Männer- und Frauenklöstern, ergänzte diese offene Auffassung der Kirche als Versorgungsanstalt des Adels 430 ). Bei solcher Sachlage darf man auch im Land ob der Enns einen A n t e i I d e s A d e 1 s i m •to) Wiedemnnn Th., Reformation und Gegenreformation, Bd. II, S. 335 f. 480 ) Zeibig H., a. a. 0., S. 233, 244 f.

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