Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

356 Volksfrömmigkeit mit üppigem Stiftung·swesen über die Risse und Sprünge im Gebäude hinwegtäuschen konnte. Der Klerus, der damals im Land ob der Enns lebte und wirkte, war bei sorgsa1rter Abwägung· seiner Licht- und Schattenseiten nicht so schlecht, als man bei einer Verallgemeinerung· der Zeitlage anzunehmen geneigt wäre. Von all- gemeiner Verderbtheit, Roheit und Unsittlichkeit zu sprechen, ist m. E. ungeschichtlich und entspricht nicht den Tatsachen. Die Quellen reden eine andere Sprache . Diese zu erschließen, sollte eine künftige Aufgabe der länderweisen Durchforschung der Kirchengeschichte sein. Der nicht schlimmere Stand der Dinge im Land ob der Enns ist das Verdienst zweier Männer und ein Ergebnis der äußeren Vorbedingungen ge- schichtlichen Lebens. Dieses Verdienst gebührt den Passauer Bischöfen Christoph von Schachner und Wiguleus Fröschl von Marzoll, die 1490 bis 1517 die Geschicke der Passauer Diözese leiteten und die günstige äußere Vorbedingung lag· im ländlichen Grundcharakter des Landes ob der Enns, das frei war von einer Bischofs-, landesfürstlichen Residenz- und Universitätsstadt. 4. Klerus und Humanismus. Das Land ob der Enns war durch eine Reihe b er ü h m t e r M ä n n e r an der Wiener Universität mit dem Geistesleben des 15. Jahrhunderts in Berührung geblieben und hielt diesen Zusammen- hang durch hervorragende G e 1 e h r t e an d e r H o h e n S c h u 1 e und durch einzelne H o f 1 e u t e aufrecht, als die mächtige Bewegung des Humanismus, von Italien ausgehend, die deutschen Lande in ihren Bannkreis zog. Die Astronomen Johannes von Gmunden (t 1442) 419 ) und Georg· von Peuerbach (t 1461) 413 ), die Theologen Thomas Eben- dorfer von Haselbach (t 1464)m) und Georg Schleuchel von Linz (t 1467) 115 ), der Philosoph und Jurist Konrad von Hallstatt (t nach 1458) 110 ) , der Wiener Universitätsprofessor und Arzt Johann Tichtel von Grein (t nach 1498) 417 ), der kaiserliche Historiograph, Mathema- tiker und lateinische Dichter Johannes Stabius aus Steyr (t 1522) 418 ) , der Geschichtsschreiber Maximilians L, Josef Grünpeck aus Steyr 412 ) Klug R., Der Astronom Johannes von Gmunden und sein Kalender. Sonderabdruck des Linzer OPr. 1912. 418 ) Czerny A . , Aus dem Briefwechsel des großen Astronomen Georg von Peuerbach, AOO., Bd. LXXII (1888), S. 283 ff. Goldmann A., Familienname, Ge- burtsort und Geburtsdatum des Astronomen Georg von Penerbachs, Heimatgaue, Bd. IV (1923), S. 75 f. ' 14 ) Aschbach J., Geschichte der Wiener Univer8ität, Bd. I, S. 493-528. 410 ) Aschbach, Bd. I, S. 529. 418 ) Aschbach, Bd. I, S. 477. 07 ) Horawitz A., Johannes Tichtel. Ein Wiener Arzt des 15. Jahrhunderts. Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereins zu Wien, Bd. X (1869), S. . 25 ff. Derselbe, Tagebuch des Wiener Arztes Johannes Tichtel aus <den J a hren ·•1477-1495. FRA., Erste Abt., Bd. I (1855), 8. 3 ff. ,.,, 418 ) Stabius war Poetw laureatus, mit Cuspinian ,Herausgeber der Werke des Otto von Freising, 1 ·stand in• Briefwechsel mit Mela nchth'o n . und - Pirkheim.el', dichtete die Verse zu) iD'tilrersH\,Ehrenpforte"• 'll'nif'•gab •mit·, diesem 1· eine i\Veltlm'rte heraus. Aschbach, Bd. IT, S. ä63 ff. .. ,1 ,11 r;,, ,, '1 ,rt·- .· ' " •r~

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