Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

352 dem Ansehen des Klerus schadeten. Rein persönliche Irrung·en 300 ) und zivile Rechtsstreitigkeiten des Klerus 400 ) sind hier übergangen, da sie mehr den einzelnen als das System belasten. Die der ungenügenden Kl erusbildung entspringenden Gebrechen in der Geistlichkeit konnten sich in doppelt verhängnisvoller Weise durch eine Reihe von Sc häd e n in der Verw a 1tun g des See 1- s o r g e a m t e s auswirken. Die wichtig·sten waren die Überzahl der Benefiziaten und Altaristen in den Städten, Verleihungsunzukömmlich- keiten (Expektanzen, Protektionen), das Oberpfarrersystem, der Mangel d er Residenzpflicht der Pfründeninhaber, Ämter- und Pfründenkumu- lation und die unmäßige Anwendung der kirchlichen Strafmittel (Ex- kommunikation, Interdikt, Verweigerung· der Sakramente und des Freithofes). Es gilt, manche im Verlauf der Arbeit berührte Punkte kurz zusammen zu fassen. Die z u g r o ß e Z a h 1 d e r G e i s t 1i c h e n traf für zwei Gruppen zu, die Benefiziat en und Kapläne in den Städten und die arbeitslosen Wandergesellen° 01 ) . Freistadt, Enns, Steyr, Linz, Wels und Eferding waren übervölkert, nicht dagegen Gmunden und Vöcklabruck. In den genannten Städten waren schätzungsweise ohne Ordens- geistliche in Freis tadt 20, in Steyr 18, in Enns 15, in Eferding 13, in Linz und Wels 10- 12 Geistliche. Dazu waren in Steyr die Domini- kaner, in Enns, Linz und Wels die Minoriten, in Eferding (Pupping) Franziskaner. Keine übermäßige Zahl hatten Vöcklabruck, trotz des nahen Obertalheim vielleicht 3 und Gmunden etwa 7 Geistliche mit einem anstrengenden Filialdienst. Dazu hat man sich den kleinen Um- fang und die niedrig·e Einwohnerzahl der Städte vor Augen zu halten. Der Schäden bei der Bewerbung und Verleihung der Pfründen wurde schon früher gedacht. In den Mittelpunkt des Verfalles aber führt das 0 b e r p f a r r e r - V ikars y s t e m. Die Arbeit zeigte diesen Unfug als Ergebnis einer Auffassung, welche die Pfarre als Lehen betrachtete, das man weitergeben und von einem anderen bewirtschaften lassen konnte. Es war ein arger Tribut an die Zeit, daß die Einschätzung der Pfarre als Pfründe, nicht als Seelsorgesprengel, so selbstverständlich und allgemein vorherrschte. Drei Stadtpfarren waren inkorporiert, Steyr - Garsten, Gmunden - Niedernburg·, Vöcklabruck - St. Florian. Nur eine dieser Stadtpfa rren - Steyr - war ordnung·sgemäß von einem Pfarrer besetzt, die Vikare von Gmunden und Vöcklabruck hielten sich Stellvertreter. Die vier weiteren landesfürstlichen Städte Linz, Enns, Freistadt, Wels waren von Stellvertretern der Pfarrer besetzt. In Eferding· r esidierte der Kirchherr persönlich. Außerdem waren alle 390 ) 1511' verlangte z. B. der Magi strat Steyr die Abberufung der . 2 Gesellen -der Sta dtpfarre „wegen ihrer Ungebühr". Der Abt von Garsten trug den beid en ·Gesellen den Widerruf ihrer Ungebühr von der Kanzel auf. Stadtarchiv Steyr, Benefi zien. • 0 0 ) Z. B. Berger F., Zur Geschichte der Bamberger Besitzungen in Ober- österreich 1521. AGDL., Bd. III (rnOG), S . 374. 401 ) Vergl. J a nssen -Pastor , Geschichte des deutschen Volkes , Bel. I 1 8 , S. 703 ff. und Falk F., K lerikales Prol etariat, Historisch-politische Bl ätter, Bel. CXII, :S. 545 ff .

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