Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

350 Zwei weitere Vorwürfe bezogen sich auf D r ä n g e 1e i z u L e g· a t e n an den Klerus und auf eig·entümliche Handhabung der D i s p e n s p r a- x i s. In Steyr war über die erste Frage 1518 eine Fehde zwischen dem Kl erus und dem Ra t entbrannt, die der letztere an den Kaiser und den Administrator von Passau gelangen ließ" 00 ) . Der Magistrat bezichtigte die Geistlichen der Überredung· der Leute, ihnen Legat e zu machen und diese vor den Kreditoren und Kindern zu g·eben, sowie der Aneignung der gerichtlichen Erkenntnisse über die Testamente" 01 ) . Der Innsbruck.er Ständetag erhob diesen Vorwurf ganz allg·emein" 02 ) . Die gravamina über die Dispenspraxis erwähnten die Erlaubnis zur Hochzeit in verbotenen Zeiten gegen Geld, und als bösest e Beschuldigung, daß die Priest er unter dem Schein des Befehles der Vikare und Erzpriest er Geld für die Sünde nähmen, den offenbaren Ehebruch gegen Empfang des Geldes und der daraufgeschlagenen Zinsen erlaubten und so Ursache der Sünden seien. Vielleicht handelte es sich bei dieser schweren Bezichti- gung um Geldbußen, welche notorische Sünder dem Dechant als Ab- löse für die öffentliche Kirchenbuße zu entrichten hatten. Die Synode von 1470 (Punkt 44) hatte die Vollmacht der Absolution von reser- vierten Sünden, ausgenommen Wucherer, Konkubinarier, Huren, Ehe- brecher, Gottesräuber, Wahrsager , Teufelsbeschwörer, Testamentsver- ächter und ähnliche Sünder beiderlei Geschlechtes, zur Vermeidung von Ärgernis, vom Bischof und Generalvikar auf einen g-rößeren Kreis von Pries tern ausgedehnt. Die höhere Autorität sollte den a n sie Ge- wiesenen die Buße zwar aufe rl egen, doch war diese in der Heimatpfa rre zu verri chten. Den Freigegangenen sollte der Pfarrer nach der Schwere der Sünde und nach ihrem St and eine Buße auferl egen und dafür einen Schein (,,in der Regel" um 8 d) ausst ellen. Der obige und die weiteren Vorwürfe zu Innsbruck, daß die Geistlichen „von Geldes wegen" Tot- schläger absolvierten und „die Sünd in Säckl" straften, bezogen sich ohne Zweifel auf diese allerdings merkwürdige Praxis. In den Umkreis derselben Bezichtigungen gehörten die V e r n ac h 1ä s s i g u n g von S tiftun ge n aus Gewinnsucht. Die Vorwürfe über das „Abtun" alter Stiftsbücher, Rasuren und Anlage neuer Kalender bildet en eine wuchtige Anklage der Landstände in Innsbruck. Wie genau das Volk um einzelne Stiftungen wußte, zeigt eine Beschwerde der Pfarrgemeinde Altenfelden i. M. im Jahre 1520. Sieg·mund Herleinsperger , der Sohn des Landrichters von Velden"""), war dort 1501- 1520 Pfarrer, ließ und schrieb en al s Gebühr en von Kindern , Eha lt en und Armen 7 d , von Haus- g enossen 12 d vor. Ga r s tner Akten, Bd. LXI X . 30 0 ) Prevenhuber V., Anna les Sty r enses , S. 207. " ') Der P assauer Off izi a l hatte von der Pfarrka nzel in S t ey r verla utbaren l assen , künf tig würden diese Tes t amen te m it seinem 1 Vorwissen a ufgeri chte t und unter schri eben. Der Magis tra t er k lärte sei t a lters das weltli che Ger icht zu- s t ändig für Vermächtni sse. 392 ) So zeigen a u ch etlich pe ichtva tter zu zeiten v.n, a ls ob In en d ie krankhen , die Sy in Tods n ot ten p eicht h oren, zue vermuetten auf Ir anhalten , vill ge- ~chaffen , des Sy dann mit gewa lt h a ben well en. Zeibi g , S. 249. 3 03 ) Berger F ., Kurze Geschi chte der Pfa rre Altenfelden , MB. , Bd. I (1912), S. 11. Von den Herl einsper ger n bes t a nd die Lin ie Altenho f - Hochha us u nd Li chtena u. Sigi J. , Ai gelsberg u nd S teinbach in Niederwa ldk irch en, MB., •Bd . XIII, s. 16.

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