Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

348 liehen Fehlern des Klerus unterscheiden. Für die erste Gruppe galt im kleinen, was im großen die schwermütig·en Worte auf dem Grabdenk- mal des letzten deutschen Papstes, Hadrian VI., sag·en wollen: ,,0 wie viel kommt es doch darauf an, in welche Zeit auch des trefflichsten Mannes Wirken fällt." Die persönlichen Gebrechen des Klerus hingen, abgesehen von der Schwäche der menschlichen Natur, aufs engste mit der völlig ung·enügenden Heranbildung· der Geistlichen zusammen. Die Schattenseiten der damaligen Kleriker lassen sich daher am übersicht- lichsten als Auswirkungen der vernachlässigten Priesterbildung· und als Begleiterscheinungen der schweren Fehler in der Verwaltung des Seel- sorg·eramtes überblicken. Die hauptsächlichsten S c h ä d e n in d e r K 1e r u s b i l d u n g waren: keine Auslese mit Fernhaltung Unwürdiger, keine einheitliche wissenschaftliche Ausbildung, keine aszetische Schulung des angehen- den Klerus. Das heißt nicht, daß diese unerläßlichen Dinge nirgends ge- übt wurden, aber es war durch keine Einrichtung die Gewähr gegeben, daß diese drei Vorbedingungen eines verläßlichen Seelsorg·erstandes gleichzeitig allgemein für alle angehenden Priester erfüllt wurden. Und darauf wäre es angekommen. Die F o 1g· e n konnten zumal bei einer immer kritischeren Zeitlage nicht ausbleiben. Die nächstliegenden waren der Mangel eines g·leichmäßig vorgebildeten Klerus und daher große Unterschiede im Klerus selbst, die Überfremdung des Landes mit aus- wärtigen Klerikern bei Mangel einer bodenständigen Geistlichkeit. Der V e r f a 11 v o n g· e i s t 1i c h e r Z u c h t u n d S i t t e mußte auf dem Fuß folgen. Aus den Vorwürfen, die immer lauter erhoben wurden, ragen neben Trunk- und Spielsucht, Streit- und Rauflust die Übertre- tung des Zölibats und Habgier und Gewinnsucht am deutlichsten hervor. Bereits im 15. Jahrhundert zeigten sich im Klerus des Landes ob der Enns V e r f a 11 s e r s c h e i n u n g e n d e s Z ö 1i b a t s. In der zweiten Hälfte des g·enannten Jahrhunderts bedrohte der Bischof von Passau Kleriker des Dekanates Gallneukirchen, dias beinahe das ganze Mühlviertel umfaßte, mit Exkommunikation und Suspension, wenn sie nicht binnen 12 Tagen ilue Konkubinen entließen, i111it denen sie offen- kundig zusammenlebten 381 ). Auffallend ist, daß die Passauer Synode von 1470 trotz mancher anderer Reformen den Zölibat mit keinem Wort erwähnt; dagegen berief Bischof Wiguleus die Synode von 1503 ausdrücklich als Klerusreformsynode (,,pro corrigendo vitiis dedito clero") 382 ) . Die Innsbrucker Tagung· von 1518 sprach es offen aus, daß die weiblichen Bediensteten der Geistlichen wie Ehefrauen erschienen und forderte als Unterscheidungsmerkmal auf den Kleidern der Diene- rinnen ein gelbes Zeichen 383 ). Die Visitation von 1528, die allerdings schon in eine Zeit schwer gelockerter Zucht fällt, fand im Land ob der Enns große Unordnung mit Konkubinen, forderte deren Abschaffung binnen 8 Tagen und beantragte Bestrafung· der sachfälligen Kleriker 381 ) Schiffmanu K ., E in bischöfliches Mahnwort au den Klerus des Mühl- viertels aus dem 15. Jahrhundert. AGDL., Bel. V (1908), 1. (Heft, S. 13G f. 382 ) Hansiz M., Germauia sacra, Bel . I, p, 600. 363 ) Zeibig H., ·Der Ausschußlandtag zu Innsbruck 1518, S. 249.

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