Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

337 von denen kaum die Hauschronik mehr als die Jahreszahlen überliefert, d ie manchmal deutliche Verschiebung des Interesses von Relig·ion und .Seelsorge weg zu Kunst und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, .ferner die ziemlich häufigen Resignationen. Als die erste Welle der kirchlichen Revolution mit ungeheurer Wucht auch über das kleine Land ob der Enns dahinbrauste, brach sie sich zunächst an den Klöst ern und Stiften. Es g·ab in den meisten einige Austritte und Ab- fälle, aber die Häuser als solche hielten stand. Wenn Luther klagte, -daß das li ebe Wort im Land ob der Enns so schwe r gehe und daß die Herren teilweise arge Leute seien, wenn die öffentli che Religionsände- rung erst nach 1540 begann und nach 1550 allg·emeiner wurde, wenn .also erst eine Menschengeneration abstarb, bevor die A. C. durchgriff, dann ist das trotz allem auch ein Beweis für die Stärke der alten Kirche und einer gewissen Anhänglichkeit weiter Kreise an sie. Ein .gemessenes Verdienst daran gebührt den Klöstern und ihren Prälat en. III. Der Seelsorgsklerus. Der Begriff Seelsorgsklerus umfaßt die Dechante, Pfarrer, Vikare, Benefizi aten, Kapläne und Gesellpries ter aller Arten, Säkular- und Regularkleriker. Es ist der Klerus, der in unmittelbarer Beziehung zum Volk st eht, von dessen Bildung, Leben und Eife r das religiös-kirchliche Vollrnleben unmittelbar beeinflußt wird . 1. Zur Tätigkeit der Geistlichen. Des Geistlichen unmittelbarste Aufgabe war der Dienst Gottes. Nicht wie lange er arbeitet e, sondern was er ta t , war die Hauptsache. Es wäre völlig ungeschichtlich, den modernen Arbeitsbegriff in diese Zeit hineinzutragen und die Tätigkeit der Geistlichen nach Stunden zu bemessen. Des Priesters Aufgabe war nach allgemeiner Auffassung das h l. Meßopfe r, die Verri chtung der kirchlichen Tagzeiten und die Teil- nahme an den gemeinsamen Gottesdi ensten der Pfarrgeistlichkeit. Auch wenn er sonst keine anderen Verpflichtungen gehabt hätte, wie sie die :Seelsorg·sgeistlichen tat sächlich erfüllten, hätte er sich bei Einhaltung der genannten Pfli chten als ein „ehrbarer Priester betrag·en". Unter den g ravamina der obderennsischen Stände gegen den Kl erus find et si ch kein Vorwurf des Müßigganges. Auch die allgemeinen gravamina bei Ausschußtagungen erheben diesen Vorwurf ni cht, obschon die Zahl der <Geistli chen in den kleinen Städten und Märkten zu hoch war. Der ti efste Grund lag in der religiösen Hochachtung· vor Messe und -Gottesdienst, auf dessen „Mehrung" die Zeit unablässig bedacht war. Einige Zweige der priest erlichen Tätigkeit sind als besonde rs ,charakteri stisch stä rker herauszustellen. Es bestand eine solche F ü 11 e von Gottesdi e n s ten (Ämtern, Messen, Vespern, Vigili en, Pro- zessionen), daß die Geistli chen damals häufiger als in späterer Zeit an das Gottm,haus gebunden waren. Das überreiche Stiftungswesen, di e g roßen Begräbnisse und die zahlreichen Feste des damaligen Kirchen- 1rnlenders verlangt en eine for twährende Bet eiligung der Kleriker . Schon 22

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