Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

324 stellung des Pfarrers, sondern sie regelte auch weitgehend die Zuge- hörigkeit und' Abhängigkeit der Pfarruntertanen vom Pfarrer. Die Be- stellung des Geistlichen lag fast völlig in ihrer Hand. J a, auch das Stell- vertretersystem war der Gepflogenheit der Grundherrschaften, manche Güter „in Bestand zu verlassen", nachgebildet . Der Adelige verpachtete sein Lehen, der Pfarrer ließ sein Gotteslehen durch einen Vikar ver- walten. Beide waren Herren mit einem gewissen Untertanenverband. Seelsorge im heutigen Sinne, innere Erfassung· des einzelnen freien Menschen, war unter solchen Umständen nicht möglich. Es fehlten auf beiden Seiten die Voraussetzungen. Der Zusammenhang des Klerikers mit seinem Bischof war nach der Ordination nur ganz lose. Der Geistliche befand sich überhaupt zeitlebens in einer schwierigen Doppel- stellung zwischen Bischof und Vogt, wobei der letztere der nähere war. Und wenn es in den Kämpfen zwischen Bischof und Landesfürst um Ideen, die „Ordnung der christlichen Kirche und das kanonische Recht" und die „landesfürstliche Jurisdiktion und Obrigkeit" ging, so trug sich der Gegensatz zwischen Pfarrer und Vogt, Pfleger und Amtmann, in persönlicher Fehde aus. Eine Reihe schwerer Schäden für das ldrch- liche Leben, starke Schichtung im Klerus, mangelnde Vorbildung, üble Finanzkünste, Vernachlässigung der Seelsorge, entsprangen dem zu engen Bund zwischen Kirche und Grundherrschaft. Mit diesen Ergeb- nissen stehen wir vor dem Tore des nächsten Abschnittes, der i n- n e r e n Zustände im Klerus. B. Die inneren Zustände im Klerus des Landes ob der Enns. I. Der Hochklerus. Von den drei kirchlichen Mittelpunkten, Salzburg, Passau und Wien, war, rein geographisch betrachtet , Passau dem Land ob der Enns am nächsten, dann folgte Salzburg, in weitem Abstand Wien. Der ver- schiedenen Entfernung entsprach auch die verschiedene Bedeutung. Das Verhältnis läßt sich so ausdrücken: Mit Passau enger, mit Salz- burg loser, mit Wien kirchlich kein Zusammenhang. Auch Salzburg und Passau dürfen als kirchliche Zentren für das Land ob der Enns nicht überschätzt werden. Beide waren Verwaltungsmittelpunkte und Fürsten- sitze. Ein Blick in ihre innere Verfassung ist daher ein Blick über die Grenze, die Vorgänge in Salzburg· und Passau waren Vorgänge ,,draußen" . Verwaltungstechnisch war die Lage Passaus außerhalb Öster- reichs ein Unglück, in einer Zeit jedoch, in der die Bischofstädte so häufig Hauptherde des inneren Verfalles waren, muß das Fehlen einer Bischofsstadt im Land ob der Enns als Vorteil angesprochen werden. Die Hauptbedeutung kam der Prälatur des Landes zu. Eine knappe Darstellung der Verhältnisse in Salzburg und Passau wird die Ver- fassung des obderennsischen Prälatenstandes und des Seelsorgsklerus an die richtige Stelle der großen Zeitvorgänge rücken.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2