Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

323 ziehung geistlicher Lehen, Stiftungen, Renten und Gilten und den Ver- kauf derselben untersagte, erklärte die Innsbrucker Ständetagung von 1532 unverhüllt, Ab h a n d 1u n g· e n, I n v e n tu r e n, T e s t a- m en t s s ach e n und Pfarren ging·en und gehen nur die V ö g t e an. Das gegenteilige Verbot widerspreche allem Recht. Dabei blieb es und nicht einmal das Konkordat zwischen Wien und Passau vom Jahre 1592 konnte diese Streitfrage ordnen; man ließ den Punkt vorläufig• aus. Erst 1599 November 23 unterzeichnete Kaiser Rudolf II. eine Regelung, welche die Testamente dem geistlichen Gerichte zuwies und die Vögte gänzlich ausschaltete 311 ). Wie zu erwarten, blieb diese Regelung einer Frage, die in erster Linie von der Verteilung der po- litischen Kräfte abhing, nur lauf dem Papier stehen. Eine Zusammenfassung der einzelnen Zweige der Spoliation· im Land ob der Enns zeigt, daß die geistliche und weltliche Seite dieses Recht in gleich rücksichtsloser Weise ausübte. Beide Teile erblickten in der Spoliation_ein selbstverständliches Recht der Lehens- und Vogt- herren. Die landesfürstliche und bischöfliche Spoliation war um 1500 stark zurückgegangen. Die erstere a11s freiem Verzicht der Landes- fürsten mit Ausnahme der Klostervogtei, die zweite unter starker Be- tonung der lf. Jurisdiktion gegen den Bischof, der zugleich Inhaber eines Hochstiftes war, das in Österreich eine bestimmte Politik ver- folgte, die nicht immer mit Religion und Kirche etwas zu tun hatte. Das Schwergewicht der Spoliation lag bei den Vogtherren. Die Schäden liegen klar auf der Hand. Des kommenden Pfarrers harrten ein ausge- plünderter Pfarrhof, vielfach sog·ar eine spoliierte Sakristei, eine Re ihe von schweren Taxen, ein Revers für den Vogt, Ablösung·en für die Urbare, Urkunden, Register und Stiftsbriefe, Verehrungen für Pfleger, Hofrichter und Beamte und nicht zuletzt eine große Rechtsunsicherheit, da er zwischen zwei Rechtsansprüchen stand. Lastenübertragung auf die Grundholden, Abbruch der Stiftungen und Steigerung der Stolge- bühren waren die Folgen. Die rasch aufeinanderfolgenden Spoliationen und das Verschwinden von Stiftungen gehörten zusammen. Unzu- friedenheit des Volkes und starkes Mißtrauen gegen den Klerus konnten nicht ausbleiben. Die Untersuchung· über die Rechtsverhältnisse des vorreformato- rischen Klerus zeigt folgende Ergebnisse: Die Stellen des Hochklerus und zum größeren Teil des mittleren Klerus waren Adelsreservate. Der Schlüssel zum ri chtigen Verständnis für die Rechtslage des Seelsorgs- klerus ist die Auffassung der Pfarrpfründe als Lehen. Daher waren Kirche und Altar unter diesem Gesichtspunkt „Gottesgaben", der Le- hensherr des Klerikers Herr. Nachhaltig wirkte sich das früh- germanische Eigenkirchenrecht in der beherrschenden Stellung des Vogtes aus, ja der Grundherr zeigte sich stärker als der Lehensherr. Vereinigt aber ein Adeliger beide Herrlichkeiten in einer Hand, dann konnte er mit vollem Recht sagen, ,,mein Gotteshaus", ,,mein Pfarrer" 312 ). Die feudale Grundherrschaft trug nicht nur die Rechts- 811 ) Wiedemann Th., Reformation und Gegenreformation, Bd. II, S'. 464 ff. 812 ) Vergl. diese Ausdrücke im Testament des Christoph von Zelking von 1490 Oktober 28. Oberchristi F., Der gotische Flügelaltar zu Kefermarkt•, S. 3 f. 21 *

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2