Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

306 monatlicher Vakanz der Pfarre 239 ) nahm der Abt den Vorschlag des. Vogtes entgegen und verlieh in der Reg·el dem Präsentierten die Pfarre. Dieser Ernannte hatte sich, ob Konventuale oder Weltpriester, zur Be- stätigung nach Passau zu begeben und sich dem Bischof vorzustellen 2 • 0 ). Eine Prüfung scheint in der vorreformatorischen Zeit im allgemeinen bei diesem Anlaß nicht üblich gewesen zu sein. War gegen den Be- werber nichts einzuwenden, so erhielt er in der bischöflichen Kanzlei den Konfirmationsbrief (approbatio, confirmatio; und begab sich in das. Stift, wo ihm der Abt oder Propst das Beglaubigungsschreiben für die erledigte Pfarre ausfolgte. Im Pfarrort nahm der Vogt die Übergabe der Kirchen- und Pfarrhofschlüsseln und die Einweisung· vor. Schon dieses Rohgerüst des Vorganges zeigt den entscheidenden Einfluß der Vögte auf. Jede Veränderung auf einer W e 1t priest er p f a r r e meldete der Hilfspriester oder Zechpropst dem Dechant, der Urbaramt- mann dem Vogt. An Kirche, Sakristei und Pfarrhof legten die Amts- leute sofort die Sperre bis zur Inventur und Spoliation. Der Dechant bestimmte einen Provisor, kleinere Kirchen blieben unbesetzt. Der Termin für die Bewerbung scheint hier frei gewesen zu sein. Der Vogt schlug· wieder vor oder ernannte, wenn er gleichzeitig Lehensherr war, darauf erfolgten Konfirmation und Posseßübergabe. Da in diesem Falle der Abt ausgeschaltet war, steigerte sich der Einfluß des Vogtes noch mehr. Die Teilakte und die mit örtlichen Sonderansprüchen durchzogenen Grundzüge des Besetzungsvorganges verwickelten sich aber oft bis zur Unentwirrbarkeit durch die schwierigen und zusammengesetzten Ver- hältnisse in der Lehenschaft und Vogtei. Kein Wunder, daß die „Er- setzung" der Pfarren im '.leitalter der konfessionellen Zerklüftung eines der umstrittensten Kampffelder wurde. Auf einige Einzelheiten aus. dem Rechtsbereich von Lehenschaft und Vogtei gilt i3s nun hinzuweisen. Als Unterlage ist wiederum die Visitation von 1544 241 ) herangezogen. Die angeführten Beispiele gelten also nur für den Umfang dieser Vi- sitation 242 ) . Es gab eine geistliche und weltliche L e h e n s c h a f t . Die geist- liche Stelle übte entweder allein die Lehenschaft aus oder als Wechsel- lehenschaft abwechselnd mit einer zweiten geistlichen Stelle. Alleinige Lehenschaft hatten der Bischof von Passau, der Propst von St. Nikola, Niedernburg, die landständischen Klöster und ein Pfarrer 243 ) . Wechsel-- lehenschaft bestand entsprechend den Bestimmungen des Wiener Kon- kordatbs 1448 zwischen dem Papst und einer g·eistlichen Stelle, und: 239 ) Hatte der Bischof das ius primarum precum und war kein Schreiben einge- laufen, so präsumierte der Abt nach einem Monat den Verzi cht und ernannte den. Pfarrer. 1528 November 16 <lehnte Ferdinand I. <las bischöfliche Verleihungsrecht bei geistlichen Lehensherrn auf 6, bei weltlichen auf 4 Monate für den Fall untaug- licher Vorschläge aus. 240 ) Während des Passauer Schismas 1480/1481 übertrug Sixtus IV. dem Propst von St. Florian das Recht, vorläufig seinen Konventualen unmittelbar die Seel- sorge auf den inkorporierten Pfarren zu überg0ben. Czerny A., Geschäftsleben, , s. 19. 241 ) Nach cod . chart. Gottvic. 404, Stiftsarchiv Göttweig. '") Vergl. diese Arbeit S'. 43 ff. 243 ) Der Kirchherr von Hofkirchen über Meggenhofen.

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