Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

291 gang" und der „Herr Georg" leg·en der Entzifferung neuerliche Schwie- rigkeiten in den Weg. Immerhin ist diese Benennung eine Gewähr, daß der betreffende kein Pfarrer war und eher dem Gesellenstand als den Benefiziaten angehörte 52 ) . Auch diese Namensiglen sollten gesammelt werden, manchmal gelingt ihre Auflösung mit Hilfe anderer Angaben. Der rasche Wechsel auf den schwächeren Benefizien und die Vereinigung m&hrerer schwach dotierter Stiftungen in der Hand eines Benefiziaten erschweren die Klarstellung weiter. Das tiefste Dunkel lastet jedoch über den G e s e 11 p r i e s t e r n. Hier wird auch die Ortsforschung nur schwer die Schatten aufhellen können. •Wie oben erwähnt, gab es besonders in Städten Gesellenposten, die durch die unerläßliche Seel- sorg;sarbeit und den Filialdienst stabilisiert waren. Ihre Inhaber blieben dann längere Zeit, bis 20 Jahre, an einein Ort und hatten eine gewisse Sicherheit gegen den Abbau. Die Reg·el aber war das nicht, sondern wie sich der Lehensherr um einen Pfarrer, so mußte sich der Pfarrer um seine Gesellen selber umschauen. An manchen Orten war ein fort- währendes Kommen und Gehen. Da ein Dienstvertrag im günstigsten Fall auf ein Jahr lautete, war den Gesellpriestern etwas von wandern- den Handwerksgesellen aufgedrückt. Der Pfarrer entließ sie, wenn er keine Verwendung für sie hatte oder wenn er unzufrieden war. Der Geselle schlug· sich dann als clericus vagus solange durch, bis ihn irgend ein anderer Pfarrer aufdingte. Personalstandslisten in der Pas- sauer Kanzlei oder Fürsorg·e um die Beschäftigung arbeitsloser Gesell- priester gab es nicht. Es ist eine traurige Tatsache, daß der Hand- werksg·eselle durch die Zunftordnungen und Zechladen besser umsorgt war als der wandernde Gesellpriester, der von einer Diözese in die andere tippelte. Dadurch ist wohl auch teilweise die starke Ab- mischung dieser Klerusgruppe mit Angehörigen der verschiedensten Länder und Bistümer erklärt. Es ist begreiflich, daß die kirchliche Re- volution gerade in diese Schicht mit besonderer Wucht einbrach. Nirgends verwurzelt, ziemlich rechtlos, arm und überzählig, wurden viele dieser Gesellen leidenschaftliche Agitatoren für den kirchlichen Umsturz . Selten tauchte ein Kopf aus der allgemeinen Namenlosig·keit auf und wurde weiter bekannt. Wenn wir in den entscheidenden Jahren 1525-1528 wiederholt im Echo ständischer Verwahrung·en von Zitationen obderennsischer Geistlicher nach Passau hören, über deren Namen, Stellung und Schicksale die Geschichte schweigt, so ent- stammte der größte Teil dieser Vorgeladenen und vielfach Flüchtig·en der .Masse der Gesellen. Der Geschichtsschreiber muß umso mehr be- tonen, daß diese Gesellpriester da waren und in der großen Umwälzung· ihrer Zeit eine nicht unwesentliche Rolle spielten, als man die Einzel- personen nur selten auszeigen und benennen kann und niemals wird genauer bestimmen können. Gelten diese Schwierigkeiten schon für die bloße Erstellung der Pfarrer- und Kaplanreihen, so wird die Arbeit immer mühsamer und "') Nicht einmal die ,so eingehende Visitation von 1544 hält sich an die ge• naue Namengebung. Nur die Tatsache, daß vi ele Benefizieninhaber Biirgerssöhne des betreffenden Ortes waren und möglicherweise Stiftungen machten, schützte sie vor dem Versinken in Unpersönlichkeit. 19*

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