Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

283 keiten aussetzte, desto .häufig·er wurden die Bitten der Äbte an päpst- liche Legaten um Dispens von der geistlichen Tracht auf Reisen 28 ). Der Verfall der Ordenszucht und die Durchsetzung der Prälatur mit luthe- rischen Anschauungen suchte in weiterer Folge das Geistliche der Er- scheinung· mög·lichst zu verbergen. Die Entwicklung lief bei den Prä- laten auf einen gesteigerten Kleiderluxus 20 ), beim niederen Klerus auf die Übernahme der modischen „Wildmannserscheinung" der Zeit hin- aus30) . Das Ablegen der geistlichen Kleidung war und blieb indes das ganze 16. Jahrhundert hindurch dem· Volke verdächtig. Angefangen von der Einsprache beim ersten Bruch mit der früheren Gewohnheit 31 ) bis zu dem Vorwurf eines „schlechten Exempels für den gemeinen Mann" an weltlich gekleidete Prälaten 32 ), spürt man den Verdacht her- 28 ) 1534 erhiel t der Propst von F lorian die Erlaubnis, wegen des Hasses vieler gegen ge istliche Personen außerhalb des Stiftes eine anständige weltliche K lei- dang zu tragen . Stütz J., St. F l orian, S. 81 f . 1535 1 Jnli 24 er teilte der Legat Peter Paul Vergerio dem Abt Peter von Wilhering bei einem Besuche dieselbe Er- laubn is und Dispens vom Fastengebot wegen der Unbilden und Bel eidigungen in- folge des Oberhandnehmens der Ketzerei. Da der Legat dem Abt auch das Bart- tragen gestattete , kann man um diese Zeit das Abkommen ,der bartlosen Mode im Pri esterstande ansetzen. Das Original des Privil egs im Stiftsarchiv Wilhering, teil weise bei Stiil z J., Wilhering, S. 89 . Die gleiche Erlaubnis gab Vergerio auch dem Abt Wolfgang I. von Garsten (1537- 1559). Friess G., Gesch ichte des Bened iktiner-Stiftes Garsten in 0. 0. , StMBO., II. Jahrgang •(1881). Bel. II, S. 251. Die Äbte trugen se it dieser Zeit Vollbart, Schnurrbart oder wenigstens eine Fliege. Vergl. z. B. das Bild des Abtes Gregor Lechner (1543-1558) von Kremsmünster, HG., Bel. X (1929), Tafel 17. 29 ) Frage 13 bei der Visitation von 15Gl an die obderennsischen Prälaten lautete, ob s ie nicht Röcke oder Joppen· von Seide, Schamlot n . dgl. Ware triigen. Wiedemann 'l'h. , Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Laude unter der Enns, Bel . I, ; S. 154. In St. Florian beanstäncleten die Visitatoren bei der- selben Gelegenheit das kostbare Feiertagsgewand des Propstes ans Seide, Atl as und Pel zwerk. Hager E., Zur Geschichte der oberösterreichischen Stifte im Zeit- alter der Reformat ion, LMB., Bel. LXXVIII {1920), S . 13. 30 ) Nach dem Bericht der bayrischen Räte von 1562 trugen die Geistlichen kurze Röcke wie die Schergen, zerschnittene !Hosen, Wams und Koller schier wie die Reiter oder Landsknechte, hohe sächsische Hüte und runde laische Pret (Ba- rette) wie die Kaufknechte und ließen sich, um wild und rauh auszusehen, lange Bürte wachsen. Knöpfler A., Kel chbewegung, S. 85. Dazu Berger F., Die ldrch- li chen Verhältnisse des Innvie'rtels in der Mitte des 16. Jahrhunderts, AGDL., Bel. II {1905), S. 3- 84 , und Berger F ., Die Pfarren Moosbach, Mining und Weng, AGDL., Bd. I V (1907), S. 47- 308. Im ;Land ob der Enns lagen die Verhältnisse eher noch ärger. 31 ) 1547 erhoben die Pfarrholden von Walding gegen Pfarrer Simon Wein- gartner den Vorwurf, daß er in Kleidung und übrigem Wesen vom Propst ab- weiche und für ke inen Konventualen mehr gehalten werden könne. Reisacher M., Das Dekan a t St. J ohann, S. 2!J6. In der zweiten Hälfte des 16. J ahrhunderts glich s ich auch die rrracht der Mönche in den Stiften immer mehr der Kleidung tler Laien an . In Wilhering trugen z. B. 4 ie Mönche 1577 Bärte, das Haupthaar ohne Tonsur, gekräuselte und hervorstehende Hemdkrägen. Stülz J., Wilhering, S. 118. Die \Veltpries ter hatten diesen Weg schon l ängst beschritten. 1558 erläuterte auf einer K lerusversamml ung in Wels der Dechant den Geistlichen den Befehl Ferdi- nands I. von 1552 Februar 17, der u. a. den K ler ikern verbot, mit zerschnittenen K le idern h erumzugeh en, die sio kaum von Handwerkern unterschi eden. Stülz J., Einige Fragmente zur älteren Pfarrgeschichte von Wartberg, LQSch., Bd. XXI (1868), s. 2i7. 32 ) 1597 erhoben die Bauern gegen den Propst von Schlägl n. a. den Vorwurf, daß er bei seinen Reisen unter ihnen die geistlichen K l eider ablege, s ich wie ein

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