Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

279 N"ame war nicht Benefiziat, sondern Kaplan. Das Volk nannte sie nach den Verpflichtungen den „Frühmesser", den „Fronamter", den „Spi- taler", den „Prediger", den Burgkaplan oder nach dem Benefizium z. B. in Stey r den „Vorster", den „Praunauer" . Eine seltenere Bedeutung des Ausdruckes Kaplan kommt für den Stellvertreter' eines sein Amt nicht ausübenden Pfarrers vor und bedeutet soviel als Personalkaplan. Die Stellung ist nicht zu verwechseln mit der eines Vikars. Bei jener ist der Pfarrer am Ort, aber z. B. durch Krankheit an der Ausübung seiner Pflichten gehindert, bei di eser ist der Pfarrer nur Pfründen- inhaber und hält sich dauernd einen Stellvertreter. Es kennzeichnet das Stellvertretungssystem in seiner ganzen Schädlichkeit, daß auch die Be- nefiziaten häufig keine Residenzpflicht hielten, sondern schlecht ent- lohnte „Substituten" für sich bestellten. Infolge der Pfründenhäufung der Zeit waren gut dotierte Benefizien ·meist an auswärtige Domherren, kirchliche Beamte und Pfarrer verliehen, welche auf die Weise ihr Ein- kommen vergrößern wollten. Die Vergabung eines Benefiziums nach außen darf im vorhinein als Beweis für die beste Dotation dieses Be- nefiziums unter den übrigen angesehen werden. Diese ganze Klasse von Geistlichen bildete auch eine eigene Besteuerung·sgruppe. Aus ihr gingen in erster ;Linie die Pfarrer hervor , wohl eine' Mitursache ,für die Erscheinung, daß soviele Pfarrer in der Nähe von Städten zugleich In- haber städtischer Benefizien waren. Die charakteristischen Merkmale der Stellung aller Benefizi a ten (Bruderschafts-, Spital-, Bruderhäuser-, Burgkapläne) waren Aufnahme des Benefiziaten nicht durch den Pfarrer, sondern durch den Lehensherrn der Stiftung, eigenes Ein- kommen und ein fest umschriebener Wirkungskreis, Entlassung· durch Kündigung, Auslauf eines befrist eten Reverses oder Resignation des Benefiziaten. Die ' Benefizien waren laut Zeugnis der Kirchenrechnungen durchwegs ausreichend, ja sehr gut dotiert, so daß ihre Inhaber fin.anziell hinlänglich versorgt waren 11 ). Die Stiftungstätig·keit aus dieser Gruppe des Klerus verrät nicht nur frommen Sinn, sondern auch teilweisen Wohlstand. Die eigentlichen H i 1f s g· e i s t 1i c h e n, deren sich der Pfarrer zur Ausübung der Seelsorge bediente, hießen Gesellen, Pfarr- gesellen, Gesellpriester. An lateinischen Ausdrücken begegnen socius, cooperator, coadjutor. Die socii oder domini cooperatores nahm der Pfarrer, und zwar regelmäßig nur für ein Jahr, in seine Dienste. Das Einkommen der Gesellen bestand aus Wohnung und Verpflegung, ge- ringer Löhnung 11.md einem Anteil am Stolare. Ihre abhängige Stellung drückte sich schon in der Bezeichnung aus, sie wurden nämlich durch- wegs nur mit dem Vornamen (,,Herr Hans", ,,Herr Siegmund") genannt. Da die Gesellen in Städten und Märkten die Exkursionen in die Filialen versahen, nannte man sie auch nach dem Filialorte 18 ). Interessant ist, daß diese Bezeichnungen manchmal zu Eigennamen wurden. Die Zahl 17 ) 1492 Februar 29, Linz, berief z. B. Friedrich III. die „Benefiziaten und Kapläne" auf Sonntag Reminiscere nach Linz, damit sie zur Handhabung des Friedens und Stärkung der Dienstleute vom Hauptmann und Anwalt den Anschlag hörten. Chmel J., Regesten des Röm. Kaisers Friedrich III., II. Abteilung, 1452 bis 1493, S . 790. 18 ) In Gmunden gab es z. B. einen „Ohlstorfer", einen „Laaki rchner", einen .,,Gswenntner 11 •

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