Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

278 im Gegensatz zum Mönch. Kirchherr war der Herr einer Kirche, die als Lehen -aufgefaßt wurde oder der mit der Kirche Belehnte. In Weiter- bildung dieser Vorst~llung gab es auch eine „Kirchfrau" . Die Äbtissin von Niedernburg z. 1 B. war die „Kirchfrau von Gmunden" 13 ) . Pfarrherr war der Herr einer Pfarre. Ein Geistlicher konnte Kirchherr heißen, ohne Pfarrherr zu sein 14 ) - in solchen Fällen war der Titel „rector ecclesiae parochialis" üblich - und umgekehrt Pfarrherr sein, ohne gleichzeitig der Herr der Kirche zu sein. Daher war zur Bezeichnung der Vollgewalt der Ausdruck „Kirch- und Pfarrherr" üblich. ,,Oberster Kirchherr und Pfarrer" ist der erste Geistliche einer größeren Pfarre mit Filialen und zugleich der Ausdruck für die Tatsache einer Stell- vertretung, da die Pfründeninhaber reicher Kirchen selten Residenz- pflicht hielten. Der geschäftsführende Unterpfarrer hieß Pfarrvikar, Vikar , procurator, sein Stellvertreter suffraganeus. Pastor ist der mit der Seelsorge betraute Geistliche im Gegensatz zu den übrigen Kle- Tikern. Eigene Verhältnisse und dementsprechende Namen waren durch ·das Inkorporationswesen der Klöster gegeben. Sie gipfelten in der Anschauung von der Vollgewalt des Abtes in seelsorglicher Hinsicht über die Stiftspfarren und im Stellvertretungscharakter des dort am- ti erenden ersten Geistlichen 15 ). Alle Bezeichnungen für den „Pfarrer" <dieser Sprengel drückten daher den Gedanken der Stellvertretung (für den Abt) aus. Die Weltpriester in solchen Stellungen hießen Vikar 10 ) oder Pfarrvikar, die Konventualen hing·egen provisor, commissarius, supplebanus. Zur Ermittelung der Bedeutung des Vikartitels ist zu beachten, ob sich der Aussteller der Urkunde selbst Vikar nennt oder ob ihm dieser Amtstitel beigelegt wird. Dasselbe gilt von den Bezeichnungen Pfarrer und Pfarre. Im allgemeinen eignete der übergeordneten Behörde die Gepflogenheit, die Abhängigkit einer Seel- sorgsstelle durch di e entsprechende Anrede des Inhabers festzuhalten, während der rechtlich Untergeordnete durch die beigelegten Amtstitel seine Stellung und Unabhängigkeit zu erhöhen trachtete. Außerdem ist der ungenaue und fli eßende Gebrauch der Amtsbezeiclmungen zu be- rücksichtigen. Die größte Gruppe des Klerus, die H i l f s g e i s t 1i c h e n, bes tand aus zwei rechtlich verschiedenen Unterabteilungen, den Benefiziaten und den Hilfsgeistlichen im eigentlichen Sinne des Wortes. Die B e- n e f i z i a t e n zerfielen in Kapläne (Verweser einer Kapelle) und Altaristen (auf einen Altar ges tiftete Geistliche). Der gebräuchlichste 13 ) So z. B. im Vertrag zwischen Gmunden und Niedernburg vou 1524 Ok- tober 27. Pfarrarchiv Gmunden, Hs. 26, Nr. 32. 14 ) Weihbischof Bernhar d Meur l z. B. ist zu g leich „K irchherr vo n Frei stadt", nicht a ber Pfarrherr von Freistadt, da er niemals persönlich in Freistadt die Rechte eines Pfarrers a u s übte. 10 ) Einiges bei Zedinek W., Die rechtli che Stellung der klös terli ch en Kirch en, ins besonders Pfarrkirc hen, in den /ehemaligen Diözesen Salzburg und Passau etc. 16 ) 1489 resignierte Balthasar von Starhemberg, ,.Domherr zu Passau, Rektor der Pfarrkirche zu Gmunden". 1489 Oktober 11 inkorporiert e der Papst die Stadt- pfarre Gmunden dem Kloster Niedernburg. Schon 1490 führte d01· bisherige Stell- vertreter (Vikar) Ernsmus Mauerkircher als Pfarrer den Titel „Vikar". Kracko- wizer 'F., Gmund en, Bel. II, S. Gl.

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