Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

277 spaltete 0 ) , verschwand allmählich der alte Titel. Die neue Dekanats- einteilung· kannte keine Archidiakonate mehr. Der höhere Pflichten- kreis der einst so mächtigen ,Archidiakone war auf den Bischof und Offizial übergegangen, einige P flichten, bes . das Aufsichtsrecht über den Sprengel, dem Dechant verblieben 10 ) . Da die Archidiakone Pfarrer hervorragender Kirchen wa ren, diese aber, wenn sie bischöflicher , päpstlicher und kaiserlicher Kollatur waren, fast ausnahmslos adeligen Domherren zufielen, waren um 1500 in der Passauer Diözese Dignitäre und Kanoniker des Passauer Kapitels auch Archidiakone. Eine prak- tische Bedeutung kam dem Archidiakonat zwischen 1490-1525 nicht mehr zu. Es gab also in dieser Zeit fünf Dekanate, ~u denen obderenn- sische Pfarren gehörten: Lambach und Freistadt zur '.Gänze, Lorch zur Hälfte, von Passau ein Bruchteil und von Mattsee nur drei Orte. Sehr häufig wechselte der S it z d e s D e c h a n t s. Der Sitz der Lambacher Dechante z. B. war Vorchdorf, Wartberg a . Kr. , Pettenbach, Gmunden, Altmünster , Atzbach, Vöcklamarkt, Wels, Pichl, Hofkirchen und wieder- holt Gaspoltshofen 11 ) . Der Dekanatssitz des unteren Mühlviertels war von Naarn über Gallneukirchen nach Freistadt g·ewandert. Der Sitz des Dekanates Lorch kam in der Mitte des 16. Jahrhunderts von Lorch nach Linz, der erste Dechant in Linz war Pfarrer Martin Purgleitner (1552- 1582). Da die Dechante sowohl die Aufsicht über den Klerus ihres Sprengels wie die Vermittlung zwischen den Pfarrern und der bischöflichen Kuri e zu besorgen hatten, gerieten sie während der Wirren der Glaubensspaltung in die schwierigsten Lagen. Noch um 1580 erklärte ein Melchior Klesl, die Bereitstellung von Klerikern sei nicht die Pflicht des Bischofs, sondern Sache der Pa trone, andrerseits durfte kein De- chant ohne die „Fo,·maten" (=, litterae forma tae) einem Geistlichen die Bestätigung der kirchlichen Zulassung zur Seelsorge geben. Verwei- gerte nun ein Dechant seine Unterschrift, so führt e der Patron oder Vogt seinen Kandidaten mit Gewalt ein. Ein weiterer Schaden war die geringe Anzahl der Dekanate, die auf die durch die Bevölkerungs- zunahme geänderten Verhältnisse keine Rück sicht nahm und den ü berblick erschwerte. An der Spitze der kirchlichen Verfassungsgrundeinheit, der Pfarre, stand der Pf a rr e r. Als Amtsbezeichnungen finden sich im Land ob der Enns in der angegebenen Zeitperiode plebanus (Leutpriester), Kirch- herr, Pfarrherr, Pfarrer, rector ecclesiae parochialis, Kirch- und Pfarr- herr, oberster Kirchherr undPfarrer,pastor,Vikar, provisor, commissarius, supplebanus 12 ). Diese verschiedenen Ausdrücke waren der Ni ederschlag verschiedener Rechtsverhältnisse. Plebanus war der Seelsorgsgeistliche 9 ) P ritz F . , Ma tricul a epi scopalis Di oc. P assav. per Aus triam superiorem et c. MDCXXXIII, Not izenb la tt , Be il age zum AöG., Bd. III (1853) , Nr. 23, S. 459 ff . und Nr . 24, S . 484 ff . 10 ) Werminghoff P b . , Verfass ungsgeschichte der deu tsch en Kirch e im Mit t el- a lter ', S. 155 f f. Das Archid ia kon a t in Sa l zburg bei Hübner K . , Di e Ar chidiako - na tseinte ilung in der eh emaligen Diözes e Sa lzburg , MGSL., Bd. XLV (1905) , S. 48 ff ., in Stei erma rk bei Tom ek E . , Geschichte der Diözese Seckau, Bd. I, ß '. 483 ff. 11 ) Kurz M., Gaspol t shofen , S. 63. 12 ) Verg l. 'die verschi edenen Briefe u nd Amtsak ten bei Czerny A., Au s dem gei stli ch en Geschä ftsleben .

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