Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

257 sch,viuden derselben, die erste Wiederaufnahme unter dem Druck der Gegenreformation, sind ebensoviele Marksteine in der Geschichte des Protestantismus der einzelnen Orte. Die üb e r f ä 11 e au f k a t h o- 1i s c h e Prozessionen im Land ob der Enns in den Jahren 1598 bis 1602 700 ), als der Landeshauptmann Hans Jakob Freiherr von Löbl zum erstenmal die Gegenreformation durchführen wollte, beweisen, daß die Protestanten in Prozessionen und Wallfahrten wesentlich katho- lische Andachtsformen erblickten. 2. Diese Ausdrucksformen der Frömmigkeit umfassen zwei ver- -schiedene Gruppen, Prozessionen und Wallfahrten. Die Prozessionen .zerfallen in „U m g ä n g· e" in der Kirche, um das Gotteshaus oder um die Fluren und in eigentliche „Pro z e s s i o n e n" in Filialkirchen oder benachbarte Pfarrkirchen. Im Besuch der Altpfarren durch die „Kreuz- völker" der Tochterpfarren erhielt sich eine Erinnerung an sonst längst vergessene Rechtsverhältnisse im Pfarrnetz 101 ) . Beide Abarten be- ·zeichnete man als „Kreuzgänge" oder als „Ausgang der Pfarrmenig mit dem Kreuz". Man sagte, ,,das Kreuz wird dorthin getragen", und man „ging mit dem Kreuz'" 0 ') . Die vornehmste Art der Umgänge waren ,die theophorischen. Man kannte euch a r ist i s c h e Umgänge, die wöchentlich oder einigemale im Jahre um die Kirche ,oder den Kirch- platz oder nur in der Kirche stattfanden und die eigentliche „Gotts- leichnamsfeier". Wöchentliche Sakramentsprozessionen in Verbindung mit einem Fronleichnamsamt waren besonders in Märkten 703 ) ein be- 1iebter Gegenstand von Stiftungen und wurden gewöhnlich am Don- nerstag abgehalten 704 ). Im nördlichen Mühlviertel sollten diese Sa- kramentsprozessionen dem über die Grenze herüberreichenden Einfluß der Kelchprozessionen aus der Hussitenzeit, die in Böhmen weiter- ·bestanden, begegnen 705 ). Sonst waren Umgänge mit dem Allerheiligsten 786 ) Mitte Mai 1598 überfielen prot. Gmundner 300 kath. Wallfahrer, die nach St. Wolfgang fahren wollten, bei der Traunbrl\cke . Krackowizer F., Gmunden, Bd. II, S. 144 ff. Am Markustag 1601 griffen prot. Steyrer die Prozession von -Garsten nach Steyr tätlich an und zersprengten sie. Schiffmann K ., Die Annalen (1590-1622) des Wolfgang Lindner, AGDL., Bd. VI u . VII (1910), S. 73 ff . 1601 .Jnni 1 verweigerten 300 bewaffnete prot. Holzknechte der kath. Pfarrgemeinde Abtenau, die in der Stätrke von 1000 Personen alter Gewohnheit gemäß nach Gosau wallfahren wollte, den Grenzübertritt. Scheich! F., Aufstand der prot. Salzarbeiter ·und Bauern im Salzkammergute 1601/1602, S. 36 f. 781 ) Auch das Umgekeh1·te war der Fall. Laut Visitationsbefund von 1544 ,ging z. B. der Pfarrer von Grieskirchen mehrmals im Jahre mit Prozession nach .alter Gewohnheit nach Gallspach, das frl\her nach Grieskirchen gehört hatte, und verrichtete dort den Gottesdienst. Berger F., Aus dem 16. Jahrhundert, RH., Bd. IV (1911), S. 88. 782 ) Sigi J., Das Kreuz wird getragen und mit demselben gegangen, Linzer Volksblatt, 1932 Mai 14, Nr. 114. 783 ) 1509 Mai 29 gestattete z. B. Bischof Wiguleus von Passau der Bürger- ·schaft von Ha s I ach die eucharistische Wochenprozession mit Gebet und Ge- sang in der Kirche von Haslach. Pröll L. , Haslach, S. 36. 784 ) Z"·ischen 1478 und 1498 stifteten z. B . Wolfgang und Erntraud Perk- '"heimer in Ebelsberg ein Fronleichnamsamt mit Messe auf dem Sebastianialtar -und Prozession auf jeden Donnerstag. Ropertsberger M., Ebelsberg, S. 126. 785 ) 1514 Februar 26, Rom, erlaubte Papst Leo X., daß in L eo n f e 1 den _jeden Donnerstag das hl. Sakrament in vnse christa llino clauso in Prozession 17

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