Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

250 Tage von Heiligen, die festlich begangen wurden. Dann fo lgten die Bitten um allgemeine und besondere Anliegen. Die ersteren bezogen sich auf die g·eistliche und weltliche Obrigkeit und die Pfarrmenig und wurden durch je ein Ave Maria abgeschlossen. Bei der geistlichen Obrigkeit sind der Papst, die Kardinäle, ,,der hochgeweihte und gnä- dige Herr" Bischof zu Passau, der Props t und Konvent von Florian und die ganze Priesterschaft, bei der weltlichen Obrig·keit Kaiser Friedrich, der Landesfürst, alle Ritter und Knechte genannt, ,,die da gesetzt sind zu dem Schwert, daß ihnen Gott verleihe Kraft und Macht, daß sie beschirmen Witwen und Waisen". Mit je einem Ave betete die Gemeinde sodann für folgende besondere Anliegen : Für di.e Kranken und Siechen, die schwangeren Frauen, für die betrübten und traurigen Herzen, die elenden Menschen, die „dasigen", die Todsünder. Um ein „zeitliches" Wetter, jeder für sich selbst, für die Toten, die Seele von Vater und Mutter, seiner Vorfahren, aller, derer Ehre und Gut man besitzt, deren Namen man im Herzen trägt, deren Leichnam rastet bei dem Gotteshaus, für die Stifter und Steurer dieses und aller Gottes- häuser, für die Seelen der Eltern und aller, die ohne Gottsleichnam verschieden, für den „ganzen Haufen miteinander", das ist um alle gläubigen Seelen und um alle Notdurften. Dann folgte die „offene Beichte". Der Einzelne bereute, was er gesündigt hatte an den 10 Ge- boten, an den 12 Stücken des christlichen ·Glaubens, an den 9 fremden Sünden, den 8 Seligkeiten, den 7 Geistgaben und am Fronleichnam des Herrn, an den 7 Todsünden, den 6 Werken der Barmherzigkeit und mit den 5 Sinnen. Nach einer kurzen Darlegung der Reue sprach der Priester ein Reuegebet vor und erteilte die Lossprechung. Als Buße g·ab er 3 Pater, Ave und das Credo. Es scheint, daß wenigstens in St. Florian regelmäßig die Ablaßspendung· folgte. Bemerkenswert ist, daß die 7 Todsünden, die 6 Werke der Barmherzigkeit und die Sünden an den 5 Sinnen einzeln aufgezählt wurden. Dieser ganze Teil des religiösen Unterrichtes dauerte mindes tens 20 Minuten 738 ) . Wenn dazu noch das Evangelium und vielleicht die Epistel verlesen wurde, so war in Verbindung mit diesem Anhang ein Mindestmaß der Kenntnisse des Lebens J esu und der Christenpflichten gewährleistet. C. Der Passauer Domprediger Dr. Paul Wann (t 1489) und sein Einfluß auf das Land ob der Enns. Als hochragende Erscheinung· auf dem Felde der Kanzelberedsam- keit steht am Ausgang des Mittelalters der Passauer Domprediger Doktor Paul Wann vor uns. Für das Land ob der Enns ist er nach dem Ausweis der Handschriften und Inkunabeln d e r führende Kanzelredner und Lehrer des Klerus . Der Zweck dieses Buches rechtfertig t einen kurzen Lebensabriß dieses spätmittelalterlichen Theologen, dessen Gestalt erst in jüngster Zeit dem unverdienten Dunkel der Vergessenheit ent- rissen wurde. 738 ) Es wurden 1 Vaterunser, 1 Glaube an Gott und 21 Gegri\ ßet se i:·t du Maria gebetet.

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