Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

248 verehrung, den teutschen Schulmeister Leonhard Eleutherobius. Dieser wandte sich in der Vorrede zu einem Traktat Bugenhagens 1524 leiden- schaftlich gegen die Marienverehrung und Marienpredigt im Land ob der Enns. Er sagt u. a. : ,,Noch sind etliche blinde Führer so verblendet und stock.blind, die schreien und plärren auf der Kanzel, Maria, die gebenedeite Mutter Gottes sei mehr denn das Wort Gottes. Do c11 man muß an unser Frauentag solche Dinge zu sagen haben, damit die Stunde der Predigt erfüllt werde, denn man studiert nicht gern und eben die unsere Frau also herfürputzen und schier eine Abgöttin aus ihr machen, sind ihre höchsten Schänder""). Der Zusammenhang läßt an einen wirklichen Ausfall eines Predigers, vielleicht sogar der Linzer Stadtµfarrkirche am Patroziniumstag gegen das „Wort" denken. Denn wütend droht der Verfasser gegen die katholischen Prediger, sie wür- den hören, wo ihre Predigt hinträfe und was das für ein Hund sei, der öffentlich zu dem Evang·elio und Paulo sagen dürfe, du lügst. Denn was sei es anders? J ene bewiesen alles aus der hl. Schrift, sie durch Aristoteles und den Meister mit den vielen Sinnen. Inhalt und Ton dieser Worte geben bereits einen Vorgeschmack der kommenden Dinge. Die d o g m a t i s c h e P r e d i g t beschäftigte sich mit dem Apo- stolikum, den sieben Sakramenten, der Messe, dem Ablaß und der Eschatologie. Die Höhenlage ist die der Spätscholastik, beeinträchtigt durch allegorisierende Schriftauslegung und Histörchen. Die m o r a- 1 i s c h e P r e d i g t bewegte sich in den herkömmlichen Geleisen der Traktate über Laster und Tugenden. Mehr gelegentlich scheinen die Kardinaltug·enden auf. Beliebte Themen sind die Sünde, die Bewah- rung vor der Sünde, aus der Pflichtenlehre der Dekalog, das Gebet, das Herrengebet. Während die Predigtdrucke mehr allgemeine Frage- stellungen und Antworten, zeigen, gehen die Predigt-I-Iss. ganz überraschend fein auf Einzelfragen unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse ein. Die fortschreitende Durchforschung der I-Iss . wird sicher mit den verallgemeinernden Urteilen über die vorreforma- torische Predigt weiter aufräumen und, wie auf anderen Gebieten, eine große Buntheit der Verhältni sse bloßlegen. Soviel kann jetzt schon ge- sagt werden, daß wesentliche Stücke der Glaubens- und Sittenlehre in der Predigt nicht übergangen wurden. Dagegen sind Darbietung, Be- weisführung und Form durchschnittlich recht· mittelmäßig und nicht selten schwach. Da die oben geschilderte Verwaltung des Predigt - amtes notwendi g· eine weitere Senkung der Predigt als solcher im Ge- folge hatte, muß die Verkündigung des Wortes Gottes und der religiöse Volksunterricht von der Kanzel als reformbedürftig bezeichnet werden. 3. Einzelbeispiele. Der Predigt im Land ob der Enns im letzten Viertel des i5. J ahr- hunderts läßt uns die Predigtsammlung· des Florianer Chorherren und Mar ia, die man im Papsttum zu einem Gott gemacht und damit greuliche Abgötterei aufgerichtet hat. L u thers Werke, Frankfurt a . M. u . Erlangen 1826 f ., Bd. XLVIII, S. 51 f. u . Bd. VI, S. 179. 730 ) Raupach B., Evangeli sches Osterreich, Bd . II, Beilagen, S . 42 und Li cht- bildtafel Nr. 16.

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