Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

237 eines graduierten Priesters läßt ebenso an die Hochschätzung der Pre- digt durch den ersten Beamten des Kammergutes wie an den Tiefstand der Predigt in Gnnmden denken. Die Predigtverpflichtungen dieses Benefizi aten zeigen, daß er die jährliche Berufung außerordentlicher Fest- und Bußprediger , wie sie in Steyr bezeugt und wahrscheinlich auch in den anderen Städten üblich waren, überflüssig machen sollte. K 1a g e n über den mangelnden Eife r bei den gewöhnlichen Seelsorgs- geistli chen lassen erkennen, daß das Predigtamt trotz der großen An- zahl der Kleriker in den Städten vielfach lässig verwaltet wurde. Eine Kl age der Bürg·erschaft von E nns im J ahre 1515 beim Bischof von Passau g·egen den Vikar von Enns wegen Vernachlässigung· der Seel- sorgepflichten, besonders der Predigt, verbreitet einiges Licht über diese Frage 036 ) . Der erste Punkt der i Anklage warf dem Vikar vor, daß er keinen dritten Gesellen halte und selbst nicht predige. Der Vilrnr verantwort ete sich mit den Bedingungen der Pfarrübernahme, den strengen Jahren und dem gering·en Erträgnis des Altars. Anstatt des dritten Gesellen hätte er sich einen Kaplan gehalten, der singe, lese und auf Begehren der Gesellen auch predige. Er selbst sei nach schweren Krankheiten predig tunfähig. Die Ausübung des Predigtamtes durch die zwei Gesellen sei deren guter Wille, sonst predige sein Kaplan. Der Bischof nahm die Rechtfertigung des Vikars an° 37 ) und ersuchte 1515 März 11 den Richter und Rat von Enns um die Freiheit des Vikars in der Verwaltung der Seelsorge bei der Pfarrkirche und besonders im Frauengotteshaus. Angesichts dieses Sachverhaltes und der zahlreichen Benefi zia ten in Enns macht das äußere Bild der Predigt in Enns keinen guten Eindruck. Die Berufung· der Fast enprediger durch Richter und R.:1,t in S t e y r und nicht durch den Kirchmeister, schuf auf dem Gewohnheitswege eine Rechtslage, die im Zusammen- halt mit der Vergebung· der Benefizien durch den Magistrat die Um- wandlung von Benefizi atenstellen in Prädikantenposten in den ent- scheidungsreichen J ahren 1525-1530 erleichterte. Aus dem heißen Kampf um eine solche Stelle zwischen dem Rat von Steyr und dem Administrator von Passau fallen auch einige Streiflichter auf die Predigtverhältnisse in Steyr vor 1525. In der alten Eisenstadt begann der Einbruch der Neuerung bereits 1520 und es kam zu so leiden- ·schaftlichen Kontroversen auf den verschiedenen Kanzeln der Stadt gegen den Fas tenprediger Patrizius, daß der ausgezeichnete Stadtrat Wolfgang Rumpl über die „Zerrütlichkeit der Predig" klagte 638 ) . Star- ken Auftrieb gewann di e neue Ri chtung durch die Predigten des Bar- füßers Calixtus, 1525/1526, dem Ernst von Passau ein Predigtverbot .auferlegte. Die Bittschrift des Rates an den Landeshauptmann für Calixtus begründete die Berufung gelehrter Prediger aus dem Franzis- kanerorden mit der viele J ahre zurückreichenden Besetzung des Ge- ' 38 ) Landesarchiv, Ennser Akten , Bd. IV. 637 ) Der Vikar h a tte seine Rech t fer t igung durch den Hinweis ges tiitzt, daß .er bei vermindertem Stand der Gesellpries ter mehr bei der Kirche a nlegen und bauen könne. ' 38 ) Czerny A., Die An fä nge der Reforma ti on in der Sta dt S tey r 1520- 1527, s. 5 f.

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