Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

232 sieht dieselbe Erscheinung wie im staatlichen Leben. Für Landeszwecke hatte die Bevölkerung eine offene Hand, den allgemeinen Angelegen- heiten gegenüber war sie zugeknöpfter. Tiefes Mißtrauen gegen die immer stärker werdenden staatlichen Zentralbehörden beherrschte die Land.tage des ganzen 16. Jahrhunderts. Das Mißtrauen gegen die rich- tige Verwendung der nach Rom abfließenden Ablaßgelder ging zu drei Vierteln nicht vom Volke, sondern von den Landesffü'sten aus, die in diesen Geldablässen eine Schwächung der Finanz- und Steuerkraft der Länder erblickten. Von. einer feindlichen Stimmung g·egen den Ablaß a:n und für sich fand ich im Land ob der Enns keine Spur. Sie ·war auch bei Maximilian I. nicht vorhanden, der in seiner Ablaßpolitik einer- seits den Grundsatz verfolgte, den Kreuzzugsablaß selbst in die Hand zu bekommen, andererseits die Abwanderung der Gelder nach Rom oder überhaupt ins Ausland möglichst zu unterbinden. Einige Aus- wirkungen dieser Politik berühren auch das Land ob der Enns . Von dem Kampf Maximilians I. gegen die Einreise des Kardinals. R Peraudi 1500/1501 war bereits oben die Rede. Die von Kaiser 1502 durchgeführt e Bestellung des Welser Minoritenpriors zum Kollektor der Ablaßgelder im Land ob der Enns liegt auf der gleichen Linie der kaiserlichen Politik. Der spring·ende Punkt ist die Verwendung der Ablaßgelder. über die Ablaßverkündi gung im Land ob der Enns für diesen ltaiserlichen Zweck sind wir teilweise unterrichtet . 1502 Mai 12 hatte der Kaiser Steyr zugeschrieben, daß der Legat Raimund Peraudi nach Deutschland gesandt worden sei, um überall Cruciat und Jubi: la.eum zu publizieren und zu heben. Darauf wurde auch in Steyr der Ablaß verkündet. 1503 Jänner 24 verständigte Maximilian die Stadt, daß Nikolaus, Weihbischof von Gurk, Lasla Prag·er, Pfleg·er in Frei- stadt, und de r Vizedom Georg Sig·harter deputiert worden seien, das im Land gefallene „Jubelgeld" zu erheben. Der Weihbischof substi- tuierte Wolfgang, Kustos der Minoriten im Land ob der Enns und Guardian in Wels, der Prager den Hans Wanckhamer , Pfleger zu Enns und der Vizedom den Rentmeister in Steyr, Georg Schöfferle. Das „allhie gefall ene Jubelgeld" betrug 854 Pf., 76 d 0 ~•) . Maximilian zog den größten Teil der Ablaßgelder, den Ertrag der rastlosen Tätigkeit des Kardinals Peraudi , ein, obwohl der Türkenfeldzug unterblieb. 1518 bewarb sich der Kaiser um eine eigene Cruciata fär die österreichischen Erbländer. Sie wurde 1518 Dezember 20 be- willigt, aber weg·en des knapp darauffolgenden Todes des Kaisers in Wels nicht mehr veröffentlicht 025 ). Auch der vom Kaiser gegen den Ablaß der Dominikaner in Augsburg 1515 unternommene Feldzug ent- sprang nicht g-rundsätzlicher Gegnerschaft zum Ablaß, sondern landes- fürstli chen Erwägungen. 1515 schrieb der Kaiser an Abt Wolfgang Haberl von Mondsee, daß der vom römischen Stuhl dem Predigerorden in Augsburg bewil1igte Ablaß zur Erbauung des Klosters nicht ver- öffentlicht werden dürfe und daß die zu diesem Zweck einfließenden 624 ) Prevenhuber V. , Anna.les Styrenses, S. 171. 620 ) Voltelini H. v. , Die Bestrebungen Jlfaximili:.1.11s I. um <lie Kaiserkrone 1518, MJOG., B<l . ·xr (1890), s. 601 ff.

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