Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

231 das ganze 16. Jahrhundert hindurch eine beliebte Predigtquelle. Auch zahlreiche andere Prediger wie Johannes Herolt, Johannes Nider, La- d islaus Pelbart von Temesvar, Ambrosius Spiera von Treviso, Mayron, Meffret, Johannes Geiler von Kaisersberg u. a., deren Werke in den Klosterbüchereien standen 021 ), befaßten sich mit dem Ablaß und be- fruchteten die Ablaßpredigt des Landes, sie traten jedoch vor dem überragenden Ansehen des Paul Wann um die Jahrhundertwende zu- rück. Eine Ablaßpredigt dieses bedeutenden Kanzlerredners aus der Zeit vor 1463 fand weite Verbreitung 022 ). Als Vorlagen benützte Wann eine Ablaßpredigt des Wiener Predig·ers Johannes Geuß, Mayron und, zu dem Ablaß für die Verstorbenen, einen Heinrich von Hessen zuge- schriebenen Traktat. Die Formel „Strafe und Schuld" erklärte er als Nachlaß aller zeitlicher Sündenstrafen und mit den in den Ablaßbullen enthaltenen Absolutionsvollmachten 623 ) . Den Nutzen der Ablässe für die Seelen im Fegefeuer erblickte Wann in der Aneiferung Lebender zur Verrichtung· von Gebeten !und g·uten Werken, die allein den Seelen der Verstorbenen zugute kämen. Die Haltung der Passauer Bischöfe und ihrer Kurie in der Bewertung des Ablasses und die ivon dem maß- gebenden Domprediger vertretene Auffassung vom Wesen des Ablasses bürgen dafür, daß grobe Verstöße in der Ablaßpredigt und Ablaßpraxis im- Land ob der Enns nicht vorkamen. Tatsache ist, daß unter den ständischen gravamina der Ablaß nur unter dem Gesichtspunkt der Geldabwanderung ins Ausland auftritt. Dieses Abströmen von Geldern kann sich in erster Linie nur auf die zweimalige Ablaßverkündigung des R. Peraudi beziehen. Die Klage der Stände führt von selbst auf die Frag·e nach der allgemeinen Beurteilung des Ablasses im Lande ob der Enns von 1490-1525. 5. Zur Beurteilung und Bekämpfung des Ablasses. Die Bewertung· des Ablasses von Seite der Zeitgenossen war nach der Art der Ablässe verschieden. In allen Fällen, in denen der Nutzen des Ablasses dem Lande verblieb, betrachtete man Ablaßbullen als eine Gunst, um die sich Körperschaften und einzelne Personen eifrig bewarben. Da die überwiegende Mehrzahl der Ablässe, römischer wie passauischer, für Kirchenbauten, Altäre und Werke der Frömmigkeit verliehen wurde, war im vorhinein kein Grund zu Beschwerden gege- ben, obwohl sicher für die römischen, höchstwahrscheinlich auch für die passauii,chen Ablaßverleihungen Taxen zu entrichten waren. An- ders verhielt es sich mit den Kreuzzugs- und Jubiläumsablässen, deren geldlicher Ertrag ferner liegenden Zwecken, vor allem der Bekämpfung der Türkengefahr, zufallen sollte. Es zeigte sich da in kirchlicher Hin- 621 ) Die genannten Verfasser s ind z. B . a lle in der Stiftsbibliothek von Schl ägl vertreten. Indra G., Cata logus Incunabulorum Plagensium et Pa- laeotyporum usque ad anuum 1520 ca. 022 ) Die längere für theologisch gebildete Leser berechnete Fassung z. B. in St. Flol"ian. Paulus N., Ild. III, S. 134, 'Anm. 9. 623 ) Mit Mayron erklärt Paul ·wann, einen Ablaß von Schuld und Strafe könne es nich t geben . Paulus N ., Bd. III, S. 333.

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