Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

229 schaftlichen Voraussetzung·en für die Geldablässe. Zweitens weisen die wenig·en Predigten über den Ablaß aus dem 15. Jahrhundert den ent- schiedenen Widerstand der Prediger gegen ungesunde Neuerungen im Ablaßwesen und eine dogmatisch einwandfreie Behandlung der ganzen Frage auf. Soviel den Quellen zu entnehmen ist, folgte die Passauer Diözese in der Ablaßlehre einer gesunden ,Überlieferung. Das auffallend schwache Echo der durch den Ablaßstreit 1517 aufgerührten Aus- einandersetzung·en über den Ablaß auf den Landtagen und im Rahmen der ständischen gravamina belehrt über die bescheidenere Rolle des Ablasses im Land ob der Enns. Der erste literarische Angriff gegen die alte Kirche vom Jahre 1524 zielt auf die Marienverehrung, nicht den Ablaß und die Predigten des Barfüßers Calixtus in Steyr 1525/1526 erwähnen den Ablaß bloß unter zahlreichen anderen guten Werken. Besondere Anlässe zu Ablaßpredigten boten die Kirchenpatrozinien° 0 " ) und di e Primizen von Ordensgeistlichen° 10 ) . Daß anläßlich der Einwei- hung von Kirchen, bei Altarskonsekrationen und an den in den Ablaß- bullen bezeichneten Gnadentagen die Prediger vom Ablaß sprachen, erhellt aus etlichen Handschriften. Man erkennt, daß die Verkündigung- und Anpreisung reicher Ablässe ein wichtiges Mittel war, um den Festen einen großen Zulauf zu sichern. So schlägt z. B. die Dienst- ordnung für das Patroziniums- und Kirchweihfest 'an der Pfarrkirche in Enns aus dem Jahre 1500 als passendes Predigtthema, das die Bedeu- tung der Laurentiuskirche hervorheben sollte, di e ·r eichen Ablaßschätze (,,ab abundatissimis indulgentiis more religiosorum pronuntiandis") vor. Die Auffassung des Ablasses von Seite der Prediger zeigt, soweit man bisher sehen kann, Klarheit und Volkstümlichkeit. Eine Ablaß- predigt der Florianer Stiftsbibliothek, geschrieben in den Jahren 1468 bis 1477° 11 ), befaßt sich mit der im 15. Jahrhundert leidenschaftlich um- kämpften und dogmatisch mißverständlichen Formel Ablaß „von Schuld und Strafe" (a c u 1p a e t p o e n a). Der Prediger unterscheidet scharf zwischen der Sündenverg·ebung im Bußsakrament und der Vergebung zeitlicher Strafen im Ablaß. _Wer die Sündenvergebung imAblaß behaupte, sei ein Ketzer. Die Formel „a culpa et pena" in den Ablaßbriefen be- deute das Recht des Besitzers auf die Wahl eines Beichtvaters mit un- beschränkter Absolt1tionsvollmacht 012 ). Das war von jeher die richtige 609 ) Schiffmann K., Ei ne Dienstordnung usw., AGDL., Bel. I (1904), S. 152, Anm. 5. 610 ) 1482 lädt z. B. der 1Prior der Dominikaner in S teyr die F l orianer Chor- herren zu der Primiz eines Bruders ein und ersucht nm uie Verkiincligung an die Pfarrgemeinde. Die E inlaclnng spricht von Predigten und den gewöhnli chen Ab- lässen von 1200 Tagen und 4 Jahren. Czeruy A., Geschäftsleben, S. 16. '") Cod. XI, BI. 208-213. Franz A., Wie , man unserem Volke im 15. J a hr- hundert iiber deu Ablaf¾ predigte, Der Katholik, Bd. II (1904), S. 115 ff., Auszug im AGDL., Bel. III (In06), S. 383 f. hat übersehen, daß es sich bei dieser Predigt nur um e in en Auszug aus der Ablaßpredigt eines Salzburger Pfarrers bald uach dem Basler Jubelablaß von 1436 handelt . Paulus N., Bel. III, S. 131- 133. 612 ) Nach Paulus N., Bel . III, S. 330 ff. entstand diese un genaue Formel im 13. Jahrhundert und kam nach dem Tridentiuum allmiihlich aur.er Übung. Sie ist genau zu unterscheid en von der Absoluti on von Schuld und Strafe auf Grnnd eines Beichtbriefes. Die A usdru cksweise dürfte eine volkstüm liche sein . In echten piipstlichen Ablaßbu ll en fand sie P a ulus nur zweimal. In der Bulle Engen IV,

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