Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung
Vorwort. ( Die Studien zur Reformationsgeschichte Oberösterreichs behandeln einen der denkwürdigsten Abschnitte in der Geschichte des Landes ob der Enns, dessen Auswirkungen bis zur Gegenwart heraufreichen. Durch verschiedene Umstände wurde das „Ländlein ob der Enns" der Vorort des erbländischen Protestantismus und spielte eine hervorragende Rolle in der großen europäischen Bewegung, die man heute als Reformation und Gegenreformation zu bezeichnen pflegt. 1626 waren die Augen Deutschlands und der Nachbarländer gespannt auf die Vorgänge ge- richtet, die sich im Land ob der Enns abspielten und weder früher noch später verbanden g-roße politische und geistesgeschichtliche Umwäl- zungen das eigenwillig·e Land so enge mit ganz Europa wie damals. Die Anfäng·e dieser Entwicklung begannen 1525, als im Anschluß an den ersten obderennsischen Bauernaufstand die Landstände das „reine Evangelium" an die Spitze der bäuerlichen gravamina stellten und seit diesem Zeitpunkt die religiöse Frage gegen die finanziellen Ansprüche des katholischen Landesfürsten an die Erbländer ausspielten. Das Ringen beider Gewalten ist von unerhörter dramatischer Wucht und überreich an bewegten Bildern. Der erste Abschnitt dieses beispiel- losen Kampfes läuft von 1525-1602, liegt also zwischen der ersten und zweiten Bauernerhebung des Landes. Der zweite Abschnitt steigt über das Jahr des Ausbruches des Bruderzwistes im Hause Habsburg 1608, das Schutz- und Trutzbündnis des protestantischen Adels mit den pro- testantischen Ständen Böhmens g·egen Ferdinand II. 1619 und die Besetzung des Landes durch Maximilian von Bayern 1620 bis zum Höhepunkt, den dritten g·roßen Bauernkrieg im Jahre 1626 und sinkt dann in den kleineren Aufständen von 1632 und 1648 ab. Die fünf Bauernerhebungen konnten in weiten Kreisen den Eindruck er- wecken, als sei die religiöse Frage vornehmlich Bauernsache gewesen. Sie lenkten die Aufmerksamkeit von jener Zentralstelle ab, in deren Händen zum größten Teil Einführung und Durchführung der „Reli- gionsveränderung" l.ag , der landständischen Körperschaft. In dieser führte der Adel die Vorherrschaft, die Bauernschaft war nicht ver- treten. Der Sc h 1ü s s e 1 zum g es chic h t 1ich ein wand- freien Verständnis der ganzen Bewegung liegt bei d e n L an d s t ä n d e n u n d i h r e r R e 1i g i o n s p o 1i t i k, ohne daß die Bauernaufstände mit ihren Folgen unterbewertet würden.l Es ist Zeit, daß die kritische Geschichtsforschung ihr Augenmerk d.em ersten Abschnitt der obderennsischen Reformationsgeschichte 1525 bis 1602 zuwendet und die religiöse Frage als Hauptgegenstand auf dem Verhandlungstisch der Landstände untersucht. Erst nach Klarstellung dieser hochinteressanten Vorgäng·e sollte der zweite im Vollicht der
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