Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

216 fasser ist sich bewußt, daß er trotz jahrelanger Nachforschungen nicht das g·anze Quellenmaterial erfassen konnte, hegt aber die Überzeugung, daß seine Darstellung des Ablaßwesens in keiner wesentlichen Frage durch neue Funde erschüttert werden könne. 2. Die wichtigsten Merkmale der Ablässe. Als Ergebnis des durchforschten Zeitraumes lassen sich folgende· Gruppen feststellen : Kreuzzugsablässe, die Jubilätimsablässe von 1500 und 1525, Ablässe für eine bestimmte Anzahl von Personen, und, als größte Unterabteilung, die Ablässe für besondere Werke der Fröm- migkeit und zur Förderung des Gottesdienstes und Bußgeistes . Die letzte Gruppe zerfällt in Ablässe für den Neu- oder Umbau von Kirchen und Spitälern, für den Besuch neuer Kirchen oder Altäre, für die He- bung des Besuches von Wallfahrtsorten und in Gebetsablässe für die Verrichtung· bestimmter Gebete und die Pflege von Andachtsformen. Allen genannten Ablässen, mit Ausnahme der letzten Sparte, ist zu den übrigen Bedingungen das Almosen gemeinsam, sie sind also Ge I d- a b 1ä s s e. Als V e r 1 e i h e r der Ablässe erscheinen die Päpste, Kar- dinäle, Kardinallegaten, die Erzbischöfe von Salzburg, Bischof Berthold von Chiemsee und einmal Bischof Georg von Wien, in den meisten Fällen die Bischöfe und Weihbischöfe von Passau. Die Vorherrschaft der Passauer Verleihung·en beruht auf den zahlreichen Kircheneinwei- hungen und Altarskonsekrationen. Alle Ausstellungen außer den pas- sauischen, auch die päpstlichen, werden vom Ordinarius bestätigt. Das A u s m a ß der. Ablässe hält sich durchwegs in den allgemein üblichen Grenzen. Die bischöflichen Verleihungen, einerlei ob vom Or- dinarius oder einem Weihbischof gegeben, lauten stets auf 40 Tage Bußnachlaß für schwere und auf 80 Tage Bußnachlaß für läßliche Sünden 047 ). Diese Praxis der Passauer Bischöfe, die auch in anderen deutschen Diözesen weit verbreitet war, hatte sich gegen eine Bestim- mung des vierten Laterankonziles herausgebildet, die den Bischöfen für die Kirchweihe und den J ahrtag der Kirchweihe einen Ablaß von einem Jahr, für die anderen Fälle aber nur Ablässe von 40 Tagen be- willigte. Die älteren Ablässe im Land ob der Enns ,lauten vielfach auf 40 Tage allein, in der Zeit von 1490-1525 sind aber die gewöhnlichen bischöflichen Ablässe auf die oben angegebene Zahl erhöht. Diese Ent- wicklung hängt ohne Zweifel mit der immer üppigeren Entfaltung des.. Ablaßwesens seit Sixtus IV. (1471-1484) zusammen. Dagegen bin ich auf keinen bischöflichen Ablaß im Ausmaße von 1 J ahr gestoßen. Kar- dinäle, päpstliche Legaten und Erzbischöfe verleihen ausschließlich 100 Tage Ablaß (,,centum dies de injunctis eis poenitentiis"). Bei Ab- laßbriefen römi scher Kardinäle, die mitsammen urkunden, ist zu beach- 047 ) Es treten zwei Formeln a uf : .,quadragiuta dies crimi nalium et octua - giuta venialium peccatorum" und „quadraginta dies criminalium et octuaginta veni alium". Vergl. z. B. die Ab lässe des WB . Bernhard für die Kirche von Mondsee 1497 und des Bischofes Wiguleus fiir die Konventualen von Mondsee. Chronicon Lunaelacense, p a.g. 273 et pa.g. 281. über die Entstehung dieser Ge - pflogenheit Paulus N., a. a . 0., Bd. II. S. 7G. Die dortigen Anführungen sind teil we ise ergänzungsbed ürftig.

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