Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

211 liehen Ehen, die infolge loser Verhältnisse und der daraus entspringen- den Kinder ziemlich häufig sind. Oft werden die Dechante um Ver- wandlung dieser formlosen Ehen in rechtsgiltige angegangen. Die Ehe- judikatur belastet neben der Behandlung der Reservationen die Dechante dauernd schwer. Man sieht aus verschiedenen Anzeichen, daß über die Giltigkeit oder Ungiltigkeit der heimlichen Ehen Unklarheit herrscht. Die vortridentinische Eheschließung kennt keine allgemein vorge- schriebene Form. Sie fußt auf dem Grundsatz: consensus facit nuptias. Die Eherechte germanischer Völker, die im Eheabschluß eine religiöse Handlung sahen, beeinflußten diese Entwicklung. Bei den christlichen Germanen wird die Braut auf dem freien Platz vor ·der Kirche (,,ante fores ecclesiae") in die Gewalt .des Mannes gegeben. Dann nimmt der Priester vor der Kirchtüre ,(,,in facie ecclesiae") die Konsenserklärung entgegen, weiht einen Ring·, den der Bräutigam der Braut ansteckt, dann betritt der Zug das Gotteshaus, wo während der '.Messe der Braut- segen gespendet wird. Verschiedene Gebräuche umranken in den einzel- nen Ländern den Eheabschluß. Nach einem um . 1500 in der Passauer Diözese als Agende ge- brauchten Büchlein° 41 ) spielte sich die „copulacio matrimonii" in folgen- der Form ab. Der Priester spricht: ,,Ir salig·en seid euch unser lieber Herr gesaut hat zu zeugnus, ze stiften den orden der heiligen Kan- schaft. Ir pit den almachtigen got das er also gemacht und behalten werd das davon got gelobt werd und sy damit behalten, sell 'und leib und nach :. diesem leben daz ewig lebn. A. In dem ersten mall frag ich euch Ob gemaut wesset ainer lag handel es war von Freuntschafft oder Gevatterschaft wegen oder von verhaißn oder welcherlai sach daz war, davon die heyratt hie nach zestordt mockt werden, der mellt das. B. Interroga de nomine viri et mulieris. Et prima dicatur viro. Ich frag dich N. auff dein trew und gewissen, ob du die Kanschaft gemaut anderen yn schimph oder im ernst verspochen habst. wer allain der junckfrau die do gegenwertigklichen stee. zum Ernstn mall. Secundo et Tertia. Zum andern mall frag ich dich N. auf dein Gewissen und auf dein treu ob du die iunkfrau N. gern. und unbezwungenlich zu einem Eelichen Kanweib nemen wellest." Es folgen die zwei g·leichen Fragen an die Braut. C. ,,Queratur tune hie de Annulis quos eorundem si habent ministrabis digitis. Et postea utrorumque Receptis dicetur manibus viro: Ich bepfilch dir N. die iunckfrauen auff dein sell und auf dein treu daz du sie nicht lassen wellest. in keinerlei truebsall oder nott wie das unser Herr an sy fruegt und als du got an dem iangsten tag dar umb antburten muest. auch dir Barb. bepfilich ich" und so weiter wie oben. Handschriftlich ist Blatt 16 vermerkt: ,,Vir ad mulierem vel sponsam: Barbara ich nimb Dich · mir zu ainer elichen hausfrauen. Simili sponsa ad sponsum." Der Schluß lautet: ,,Gotliche Kanschaft als unser Hera gestift, geordent und gewirdig·t hat. in dem heiligen pa- radisy die selbig Kanschaft um euet beider willen. Das ,bestatt ich an gots statt. In nomine Patris et Filii et Spiritus sancti Amen." Im Land 541 ) Beigebunden Cod. , Florian. XI. Frnnz A., Zur Geschi chte der gedruck- ten Passauer Ritualien, TPMS., Bd. IX (1899), S. 83 f. 14*

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