Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

209 -0der der Generalvikar den Dechanten weitgehende Absolutionsvoll- rnachten. Als Regel gilt, daß jeder, der sich nicht ohne Ärgernis oder eine andere vernünftige Ursache an den Ordinarius wenden kann, zum Dechant kommen solle. Ausgenommen sind bekannte Wucherer, Kon- kubinarier, Huren, Ehebrecher, Gottesräuber, Wahrsager, Teufelsbe- schwörei·, Testamentsverächter und andere öffentliche Sünder beiderlei Geschlechts. Die öffentliche Kirchenbuße besteht noch teilweise, be- sonders in Fällen, in denen öffentliche ärgerliche Sünder nach Passau .an den Offizial gewiesen werden. Die Rückkehr solcher Sünder ohne öffentliche Buße erregt Ärgernis . Nach dem Grundsatz, daß schwere -öffentliche Sünden mit mehr Frucht am Begehungsorte g·estraft werden, schreibt die Passauer Synode von 1470 .vor, daß die höhere Autorität zwar die Buße auferlege, daß aber diese in der Heimatpfarre verrichtet werden solle. Ist einem solchen Sünder keine öffentliche Buße auferlegt worden, so hat der Pfarrer das Recht, dem Poenitenten nach Stand und Schwere der Sünde eine öffentliche Buße aufzuerlegen. Der für diese Buße ausgestellte Schein, der „in der Regel" mit 8 d bemessen wird, bietet Anlaß zu schweren Mißbräuchen. Auch der Schein des Passauer ·Offizials mit einer Taxe nach gemeiner Gewohnheit entartet zu miß- bräuchlichen Geldforderungen" 31 ) . Gegen diese Praxis erheben di e Ständeausschüsse 1518 zu Innsbruck den Vorwurf, die Priester nähmen unter dem Schein der Erlaubnis durch den Generalvikar und die Erz- priester „Geld für die Si.incl", erlaubten den offenbaren Ehebruch gegen Geld und darauf geschlagene Zinsen und verursachten dadurch zur .Sünde, absolvierten die Todschläger um Geld und straften die Sünde ,,in Säckl"" 32 ). Die Wiener gravamina von 1524 erneuern diese Vor- würfe533). Aus den persönlichen Vorstellungen und den Anfrag·en über Reservate erwachsen den Dechanten viele Arbeiten°3•). Das Passauer Rituale von 1490 enthält den Vorgang der Exkommunikation oder der Ausstoßung der Büßer, denen die „Carena" 535 ), ein vierzigtägiges s trenges Fasten, als öffentliche Buße auferlegt wird, fügt aber hinzu, -daß wegen der Schwäche der menschli chen Natur, die eine solche Buße nicht tragen könne, nach bisher geübter Gewohnheit die Büßer am Montag nach dem Palmsonntag ausgeschlossen und am Gründonnerstag wieder aufgenommen würden 530 ). Die Bezeichnung „Antlaßpfingstag" für den Donnerstag in der Karwoche hat sich bis zur Gegenwart er- ;halten. Das Bußsakrament empfangen die Gläubigen in der Regel nur ·einmal im J ahre, die Ausnahmen sind dieselben wie bei der öfteren 551 ) Nach der Passau er Synode von 1470 di\rfen die Offizi a le in Passau und 'Wien für die Erha ltung der Domkirche nichts fordern, sondern nur zu frei- w illigen Spenden amegen. Die , Spender haben Antei l an a ll en in der Kathe- -dra le verrichteten guten Werken und an a llen dem Dom ver li ehenen Ablässen. 532 ) Zeibig H., Der Ausschn ßlandtag zu Innsbruck 1518, AKOGQ., Bd. XIII (1854), s. 249. 533 ) Hans-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, Religionsakten, F asz. :!. 534 ) Beispiele bei Czerny A., Geschäftleben, S. 27 f. Dort a uch ein Be icht- -zettel abgedruckt. 535 ) über die Karene Paulus N., Geschichte des Ab lasses im' :Mittelalter, Bd. II, S. 80 ff. "") Franz A., Zur Geschichte der gedruckten Passauer Ritualien, TPMS., .Bel. IX (1899), .S. 82. 14

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