Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

186 Art Armensteuer, die in Pönalien, z. B. bei Nichterfüllung· der Stiftungsverbindlichkeiten, in den Zechschrein für die Armen fiel. Da jede zentralistische Regelung der Armenfürsorge und jede Verbuchung für statistische Ausweise dem Geiste der Zeit durchaus fremd ist, sind der größte Teil aller karitativen Betätigungen und vorzüglich deren Nachweise spurlos untergegangen. Aus der Fürsorge ragen besonders die Zuwendungen an Arme bei Todesfällen und Trauergottesdiensten hervor. Der christliche Sinn der Zeit machte es dem Erblasser zur moralischen Pflicht, in seinem letzten Willen der Armen zu gedenken. Sowohl für die Beteiligung an der Beerdigung wie für das Gebet an den Tagen der Totenvigilien und des anschließenden Grabbesuches erhielten die Armen kleine Geldanteile . Eigentliche Spendtage waren häufig an den Terminen von Quatemberämtern angesetzt, die Aus- t eilung der Spende (Geld, Fleisch, Brot) erfolg te durch den Zechmeister am Freithof. Bei Begräbnisfeierlichkeiten von reichen Personen wurde das Bahrtuch der Tumba als Kleiderspende an die Armen verteilt. Kleiderstiftungen sind wiederholt auch für Ministranten und Schiller, die als Sängerknaben mitwirkten, bezeugt. Außer dieser von der Pfarre aus sich erfolgten Hilfe ist die organisierte Unterstützung be• merkenswert, welche dem „armen Mann", den „Geringen", ,,Elenden", durch Bruderschaften und Zünfte zuteil wurde. Man hat auf dem Ge- biete des Vereinswesens genau die rein kirchliche Pfarrbruderschaft, meist eine Liebfrauenbruderschaft, von den zahlreichen Bruderschaften zu unterscheiden, welche nur die kirchliche Seite berufständischer Zechen und Innungen waren. Die Pfarrbruderschaft für alle Mitglieder der Pfarrmenig war stets nur eine und wenn sich auch diese Bruder- schaft nicht für alle Pfarren nachweisen läßt, so spricht die Wahr- scheinlichkeit doch für ihren Bestand an allen : Pfarrorten. Zu den Hauptaufgaben dieser Brude~·schaft zählte neben der Bestreitung ver- schiedener Auslagen für die Kirche die Armenfürsorge. Aber auch die vielen Bruderschaften der zweiten Gruppe pflegten durch die Samm- lung von Beiträgen für arbeitslose, arbeitsunfähig·e . und verarmte Mit- glieder ihres Standes die Armenfürsorg·e. Besonderer Wert wurde dem Gebet der Armen beigemessen. Man kann daraus · besser als aus an- deren Quellen die Bewertung der Armen erkennen und sieht, daß die religiöse Auffassung·, welche den unverschuldeten Armen in größerer Nähe Christi weiß, noch galt. Dieser Arme war noch nicht unver- meidliches Abfallsprodukt einer entarteten Wirtschaft und vor allem nicht seiner Menschenwürde beraubt. Arm zu sein war sicherlich auch in der Zeit von 1490-1525 ein hartes Los, aber eines hatten die Armen jener Zeit vor denen von heute voraus, die Achtung als Men- schen war ihnen nicht entzogen. Als letzter Zweig der Fürsorge sind geleg·entliche, meist einmalige W i d m u n g e n a n B e d ü r f t i g e aller Art zu verzeichnen. Aus dem Umkreis dieser karitativen Spielart tret en besonders Stipendien für Schüler hervor. Allerdings ist ersichtlich, daß das Stipendiatenwesen erst mit dem Eindringen des Luthertums in Blüte kam. Städte und Märkte, aber auch einzelne reiche Familien entsendeten Jünglinge nach den reichsdeutschen Universitäten, meist Wittenberg und Tübingen, um

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