Karl Eder - Das Land ob der Enns vor der Glaubensspaltung

183 ders radikal zeigt sich bei allen Unruhen das „ledige Gesind", dessen Übermutes sich die Grundherrschaften kaum erwehren konnten. Ein Ele- ment, das immer wieder Gärungskeime in das Volk trug, waren die entlassenen Landsknechte. Ein Großte il der angeworbenen Knechte blieb zwar vor dem Feind in Ungarn oder verlief sich in aller Herren Länder. Was aber heim fand, konnte sich nach dem zügellosen Sol- datenleben nur mehr schwer in die Volksgemeinschaft eingliedern und blieb zeitlebens ein unruhiges Element. Bei dieser Sachlage ist es klar, daß es der gemeine Mann war, der die :soziale Hilfe in erster Linie be- nötigte und sie auch empfing. Als Ergebnis zeigt sich, daß das Land ob der Enns durch Boden, Siedelung und Arbeitsmöglichkeit in sozialer Hinsicht nach oben wie nach unten keine äußersten Gegensätz e auf- wies. Das Land war wirtschaftlich und sozial der Mittellage einzu- r eihen. Ganz reiche Familien fehlten. Der Durchschnitt läßt eine ge- wisse Wohlhabenheit erkennen. Größere Herde der Verarmung sind nicht ersichtlich. Der Schwerpunkt der Wirtschaft lag ohne Zweifel bei der Arbeit an Grund und Boden. Lastensteigerung und Absatzkrise mußten die bäuerliche Bevölkerung auftreiben und das ganze Land erschüttern. Wenn für das Land ob der Enns Bauernaufstände und Reformation förmlich ein Begriffspaar geworden sind, so nicht allein aus konfessionellen, sondern auch aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen. 3. Die einzelnen sozial - karitativen Einrichtungen im Spiegel der Stiftungen. a) D i e H a u p t f o r m e n. Die Fürsorgeeinrichtungen der Zeit von 1490-1525 laufen im wesentlichen auf vier Formen, Krankenfürsorge, Altersversorgung, Armenpflege und vorübergehende Unterstützung Bedürftiger hinaus. Obwohl die verschiedenen Arten nicht selten ineinander verschmelzen, lassen sich doch im allgemeinen diese vier Formen feststellen. Im Vordergrunde der karitativen Einrichtungen steht das S pi- t a P 01 ). Dieses bedeutet die Grundtype und den Höhepunkt sozialer Fürsorge der damaligen Zeit, löst häufig die Frage der Alters-, Kran- ken- und Armenfürsorge zugleich und stellt inmitten einer von sozialen Sicherung·en unbeschwerten Zeit und bei den „bösen geschwinden Läufen" wirklich ein Eiland dar, in das zu gelangen heiß begehrt war. In den Städten unterstand das Spital mit der Verwaltung· der Gebäude (Wohnh:ws, Kirche, Wirtschaftsgebäude, Nebenbauten) und des Ver- mögens (Geldgebarung mit den Einnahmen aus dem Burgrecht, Gilten, Spenden, und mit den Ausgaben, Verwaltung der Liegenschaften, Rei- •Chungen und Dienste) dem ,Spitlmeister, der dem Rate angehörte und meist Mitglied des „inneren Rates" war. Die Zahl der „Spitaler" war je nach der Größe in den einzelnen Städten verschieden, die Durchschnitts- ziffer dürfte etwa 15-20 voll verpflegte Personen betragen haben, wozu noch eine Anzahl Halbspitaler und Unt erstützter kam. Die Auf- 421 ) Reicke S., Das deutsche Spital und se in Rec h t im Mittelalter, 111. bis 114. Heft der K irch en rech t li chen Abhand lungen von Stutz U.

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